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„Soziale Talfahrt stoppen!“ VdK stellt Forderungen zur Landtagswahl vor

Von: VdK Bayern

Auf einer Pressekonferenz in München hat VdK-Landesvorsitzende Verena Bentele die Forderungen des Sozialverbands VdK Bayern zur Landtagswahl präsentiert. 

Die Grafik zeigt einen Löwen, der auf einem Gefälle nach unten rutscht. Im Hintergrund sieht man die bayerische Flagge. In der linken Ecke steht: "Soziale Talfahrt stoppen!"
© VdK Bayern

Die zunehmende Armut, die kritische Situation der Angehörigenpflege und die fehlenden Teilhabemöglichkeiten sind zentrale Problemfelder in Bayern. Darüber diskutiert Bentele, die als VdK-Präsidentin auch dem VdK-Bundesverband vorsteht, am Freitag, 21. Juli, mit den Spitzenkandidatinnen und -kandidaten der Parteien in Nürnberg.

Armut bekämpfen

„Angesichts großer Alters- und Kinderarmut in Bayern kann von weiß-blauer Idylle keine Rede sein. Zudem treiben nicht nur die VdK-Mitglieder die steigenden Kosten und die hohe Inflation um. Mit unseren Forderungen zur Landtagswahl wollen wir die soziale Talfahrt in Bayern stoppen“, sagte Verena Bentele. Sie kritisierte die aktuelle Staatsregierung, weil diese die Armut kleinrechne, um sich im Bundesvergleich gut dastehen zu lassen. „Mit einem bayerischen Durchschnittseinkommen lebt es sich in der Uckermark sehr gut, im Münchner Umland nicht“, stellte Bentele klar. So liegt die Armutsgefährdungsschwelle für einen Einpersonenhaushalt in Bayern bei 1237 Euro, in München sogar bei 1660 Euro. Im Bundesdurchschnitt dagegen bei 1145 Euro.

Als Gegenmaßnahmen schlägt der VdK für Bayern unter anderem eine regionale Anhebung von Sozialleistungen in Ballungsräumen vor. Zudem ein Tariftreuegesetz, um Lohndumping einen Riegel vorzuschieben, und mehr Mieterschutz und sozialen Wohnungsbau. Von der zurzeit angespannten Situation sind besonders viele Rentnerinnen und Rentner betroffen. „Ich vermisse bisher eine deutliche Stimme aus der bayerischen Staatsregierung, die sich für eine Inflationsprämie für einkommensschwache Menschen einsetzt“, so Bentele.

Preisdeckel auf Lebensmittel

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat jetzt den Vorschlag einer Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel gemacht. „Auf den ersten Blick scheint das einfach und effektiv zu sein, ist es aber nicht. Der VdK fordert stattdessen einen Preisdeckel auf Lebensmittel, damit diese nicht zum Luxusgut werden. Mit einer Deckelung ist garantiert, dass Preissenkungen nicht einfach vom Handel einbehalten werden können, wie das seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs zu beobachten ist“, erklärte Bentele.

VdK fordert Kindergrundsicherung

„Armut wird leider in die Wiege gelegt. Deshalb brauchen wir eine Kindergrundsicherung, damit Kinder von Geburt an faire Startchancen haben“, so Bentele weiter. Die Debatte um die Finanzierung bezeichnete sie als „beschämend“: „Armutsbekämpfung und Förderung von Kindern muss uns jeden Euro wert sein. Wenn alles einfach so weiterläuft wie bisher, werden 377.000 armutsgefährdete Kinder in Bayern ihr Leben lang möglicherweise auf Sozialleistungen angewiesen sein, kaum Steuern zahlen und wenig in die Sozialversicherungen einzahlen können. Das kann niemand wollen.“

Nächstenpflege stärken

In der Sozial- und Familienpolitik wird die Pflege von Angehörigen meistens vergessen, kritisierte Bentele. „Jede vierte Frau, die einen Angehörigen pflegt, ist armutsgefährdet. Unsere Mitglieder sind frustriert, dass die Politik die Nächstenpflege anscheinend kaum interessiert“, sagte Bentele. 

Auch der Freistaat stehe hier in der Verantwortung. Der VdK Bayern fordert, dass alle Lücken für Pflegestützpunkte in den Landkreisen endlich geschlossen werden. „84 Prozent der Befragten der VdK-Pflegestudie in Bayern nutzen die 125 Euro Entlastungsbeitrag für haushaltsnahe Dienstleistungen nicht. Entweder kennen sie diese Leistung nicht oder sie finden kein Angebot dafür.“ Bentele kritisierte, dass in Bayern die Hürden extrem hoch sind, um als Einzelperson einfache Hilfen anbieten und abrechnen zu dürfen. „Das geht letztlich auf Kosten der Pflegebedürftigen.“

Der VdK Bayern fordert zudem zur Entlastung pflegender Angehöriger das Recht auf einen Tagespflegeplatz. „Bayern muss vorangehen und den Ausbau von Tagespflegeeinrichtungen massiv vorantreiben. Ebenso muss es eine feste Quote von fünf Prozent Kurzzeitpflegeplätzen in jeder stationären Einrichtung geben“, so Bentele.

Barrierefreiheit ausbauen

Zuletzt mahnte die VdK-Landesvorsitzende stärkere Bemühungen in Bayern zum Ausbau der Barrierefreiheit an: „Von mehr Komfort, Übersichtlichkeit und Sicherheit in Bahnhöfen und Verkehrsmitteln profitieren alle. Das könnte mehr Menschen bewegen, auf den ÖPNV umzusteigen. Dies erscheint mir realistischer als die Phantasie, dass bald nur noch E-Autos leise durch Bayern rollen.“

VdK Bayern hat 790.000 Mitglieder

VdK-Landesgeschäftsführer Michael Pausder betonte die große Schlagkraft des VdK Bayern: „Wir sind und bleiben die stärkste soziale Kraft in Bayern. Mit rund 790.000 Mitgliedern haben wir ein Allzeithoch erreicht. Monatlich kommen zwischen 5000 und 6000 neue Mitglieder zu uns, so dass wir voraussichtlich in diesem Jahr noch die Marke von 800.000 überschreiten werden.“

Der VdK ist nicht nur die größte sozialpolitische Interessenvertretung in Bayern, in der Sozialrechtsberatung genießt der VdK ebenfalls einen hervorragenden Ruf. Von Januar bis Ende Juni 2023 fanden 183.747 Beratungen in den VdK-Geschäftsstellen statt, gegenüber dem ersten Halbjahr 2022 ist das eine Steigerung um 4,4 Prozent. Rente, Schwerbehinderung und immer stärker Pflege sind die Beratungsschwerpunkte. 

Aktuell beobachten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine offensichtliche Überarbeitung der Sozialbehörden. „Lange galt die Faustformel, dass man seinen Rentenantrag maximal drei Monate vor Rentenbeginn stellen soll. Mittlerweile raten wir zu einem Vorlauf von mindestens sechs Monaten“, erklärte Pausder.

VdK-Großveranstaltung zur Landtagswahl in Nürnberg

Die Themen aus der Sozialrechtsberatung finden sich auch in den VdK-Forderungen zur Landtagswahl wieder. Das Interesse der Mitglieder an sozialpolitischen Themen ist groß. Zum politischen Schlagabtausch zwischen Verena Bentele, Ulrike Scharf (CSUkurz fürChristlich-Soziale Union), Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Katharina Schulze (Bündnis 90/Die Grünen), Florian von Brunn (SPDkurz fürSozialdemokratische Partei Deutschlands) und Martin Hagen (FDPkurz fürFreie Demokratische Partei) werden am Freitag, 21. Juli, mehr als 2000 VdK-Mitglieder aus ganz Bayern in der Nürnberger Meistersingerhalle erwartet.