Ankerplätze für die Seele
Warum Mehrgenerationen-Spielplätze für alle ein Gewinn sind
Peter Hohenauer liegen naturnahe Spiel- und Freiräume am Herzen. Der Spielplatzplaner hat schon zahlreiche Ideen umgesetzt, die meisten davon im Auftrag der Stadt München. Der Freiberufler ist aber auch über die Grenzen Bayerns hinaus aktiv. Zudem berät und begleitet er Projekte in europäischen Nachbarländern. Er betont, wie wichtig es ist, Freizeitangebote zu schaffen, die für alle Bürgerinnen und Bürger attraktiv sind.
„Der schönste Spielplatz überhaupt ist die Natur“, sagt Peter Hohenauer. Doch vor allem Menschen in Großstädten sind in ihrer Freizeit auf urbane Umgebungen beschränkt. Umso wichtiger ist dem Experten, dort naturnahe Spielräume zu schaffen. Sein Ansatz ist zudem inklusiv. Ob Kinder und Jugendliche, ältere Menschen, Menschen mit Behinderung oder Einschränkungen: Der Treffpunkt sollte so geschaffen sein, dass sich alle willkommen fühlen.
„Ein Spielplatz im öffentlichen Raum ist gesellschaftlich relevant. Daher ist eine sorgfältige Planung erforderlich, damit er für alle funktioniert“, so der Spezialist, der seine Projekte im Auftrag von Kommunen umsetzt. Grundsätzlich gilt es, die Wege so zu gestalten, dass sie auch für bewegungseingeschränkte Menschen sowie ältere und kranke Menschen nutzbar sind. Ebenfalls wichtig ist, dass sich eine barrierefrei erreichbare Behindertentoilette in der Nähe befindet.
Nähe und Distanz
Was sollte der öffentliche Spielraum anbieten? „Es braucht mehr als Spielgeräte und Sandkasten. Es braucht Atmosphäre“, betont Hohenauer. Seiner Erfahrung nach ist das auch auf kleinem Raum möglich. Als Vorsitzender und Leiter des 1987 gegründeten Münchner Fachvereins Info Spiel berät er Kommunen und hält Vorträge darüber, wie sich die Spielraumsituation für alle Menschen verbessern lässt. Dafür bündelt der Verein die Kräfte verschiedener Fachbereiche wie Pädagogik, Planung, Landschaftsarchitektur, Technik, Psychologie, Soziologie und Medizin.
Der Experte nutzt eine ganze Reihe von Gestaltungsmöglichkeiten. So setzt er auf natürliche Materialien wie Holz und Stein und baut gern Spielelemente mit Wasser ein. Bedeutsam sind auch Bereiche, in denen sich Besucherinnen und Besucher begegnen und austauschen können. Gleichzeitig sind Rückzugsräume notwendig. Durch viele verschiedene Arten von Sträuchern und Bäumen, auch solche mit Früchten, wirkt der Spielraum lebendig und wird beschattet. Auch unterschiedliche Höhen und Böden sowie vielfältig nutzbare Räume machen Lust auf Entdeckungen und Abenteuer.
Alle packen an
Bei der Umsetzung seiner Projekte befürwortet Hohenauer das Konzept der „offenen Baustelle“: Die Baustelle ist dann ein öffentlicher Akt – es packen Erwachsene, Kinder und Jugendliche mit an. Wenn er in Kitas einen Auftrag hat, erlebt er, wie gut es bei den Kindern ankommt, wenn sie den Garten der Einrichtung mitgestalten dürfen. „Wir rühren gemeinsam Zement an, verschönern Wege und Wasserläufe mit Mosaiken, bauen Baumhäuser“, erzählt er. Es geht dabei nicht nur um Gartengestaltung, sondern auch um Ausdauer und Teamfähigkeit. Die Kinder identifizieren sich mit dem Garten.
„Ich möchte Spielräume schaffen, die ein Ankerplatz für die Seele sind“, sagt Hohenauer. Wie essenziell so etwas gerade in der Stadt ist, erklärt der Planer an einem Beispiel: „Viele Heranwachsende werden heutzutage mit Eindrücken überfrachtet. Ihren Alltag verbringen sie häufig ganztags in Schulen und anderen Einrichtungen. Hinzu kommt der digitale Medienkonsum. Wo bleibt ihnen da noch genug Zeit für Bewegung, zum Klettern, für das freie Spiel, zur Entspannung?“, fragt er sich oft. Zumal die Corona-Pandemie Spuren bei der seelischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen hinterlassen hat.
Überhaupt bricht Hohenauer eine Lanze für Jugendliche: „Bei den Planungen für einen Bürgerpark hatte die Kommune befürchtet, dass Halbwüchsige dort randalieren könnten, weil meine Ideen für die Anlage nach Ansicht der Gemeinde ‚zu schön‘ waren.“ Sein Gegenargument: Gerade, weil er den Treffpunkt ästhetisch gestaltet, wird er von der Jugend respektiert werden. Die Skepsis der Kommune verflog endgültig, als der Spielplatzplaner belegen konnte, dass Parks, die von allen Altersgruppen angenommen werden, kaum von Vandalismus betroffen sind. Damit überzeugte er die Kommune. Das Bürgerpark-Projekt wurde umgesetzt und ist bei Jung und Alt beliebt.
Dem Münchner liegen auch wohnungslose Menschen am Herzen: „Sie gehören zu unserer Gesellschaft. Und es gibt gute Beispiele, dass auch sie auf einem Spielplatz eine Möglichkeit haben können, irgendwo zu sitzen und dazuzugehören. Auch das ist Inklusion.“
Verbindender Ort
Dass Metropolen wie München bei der Stadtplanung inzwischen Nachverdichtung vorantreiben, bedauert Hohenauer und hofft auf ein Umdenken. „Ich wünsche mir mehr Orte der Begegnung, etwa Hinterhof-Oasen.“ Der Spielplatz-Spezialist plädiert für nachhaltige Spiel- und Erfahrungsräume und erzählt begeistert von Nachbarschaftstreffpunkten, die eine ganze Generation geprägt haben: „Wenn sich Kinder nach der Schule immer am gleichen Platz getroffen und sich später als Jugendliche dort über alltägliche Dinge ausgetauscht haben, weiß man im Rückblick, wie prägend und verbindend dieser Ort für die Entwicklung war.“
Infos im Internet
Beispiele für Spielplatz-Projekte, in denen der inklusive Gedanke in die Tat umgesetzt worden ist, sowie ein Interview mit Spielraumplaner Peter Hohenauer gibt es im Internet unter Externer Link:www.richter-spielgeraete.de/de/magazin/spielen-in-vielfalt