"Atemlos" und mit viel Leidenschaft
Mit einem literarischen Konzert am Welt-Downsyndrom-Tag haben die Münchner Kammerspiele und die Münchner Symphoniker die Zuschauerinnen und Zuschauer im Schauspielhaus an der Maximilianstraße begeistert.
Als Fabian Moraw, Mitglied des inklusiven Ensembles der Münchner Kammerspiele, auf der Bühne steht und gemeinsam mit den Münchner Symphonikern „Ich war noch niemals in New York“ von Udo Jürgens vorträgt, dauert es nur wenige Sekunden, bis das Publikum im Takt mitklatscht und mitsingt. Bis zur Zugabe „GoldenEye“, wunderschön vorgetragen von Jelena Kuljic, hält die Begeisterung an. Auch Dennis Fell-Hernandez, Maren Solty, Elias Krischke und Fabian Moraw haben ein paar hundert Mitsängerinnen und -sänger, als sie gemeinsam „Atemlos durch die Nacht“ mit großer Leidenschaft vortragen.
Die Musikerinnen und Musiker der Münchner Symphoniker können sich, wie schon bei den Proben, das Lächeln nicht verkneifen. Dass ihr renommiertes Orchester mal Helene Fischer zum Besten geben würde, hätte so manche von ihnen lange nicht für möglich gehalten. Allen macht dieses besondere Projekt von Anfang an große Freude, wie Joseph Bastian, Chefdirigent der Münchner Symphoniker, betont. Wenn er dirigiert, merkt man kein bisschen, dass er kein großer Fan von Helene Fischer ist, wie er vorher zugab. Bei allen Stücken, egal ob Schlager oder Klassik, führt er das Orchester souverän und bestens gelaunt an.
„Unmittelbare Freude“
Von Anfang an habe bei diesem Gemeinschaftsprojekt eine „bedingungslos positive Grundstimmung“ geherrscht, sagt Joseph Bastian. Er sei begeistert von dieser „unmittelbaren Freude“, egal ob die Akteurinnen und Akteure singen, spielen oder einen Text vortragen. Manchmal musste er in den Proben zwar einen Schauspieler auch etwas bremsen, damit er beim Schlagzeugspielen nicht alle übertönt. Aber ansonsten klappt das Zusammenwirken sehr professionell.
Auf die Idee für einen solchen Abend hat ihn sein Freund Prof. Dr. Peter Zentel, Lehrstuhlinhaber für Pädagogik bei geistiger Behinderung an der Ludwig-Maximilians-Universität München, schon vor ein paar Jahren gebracht. Doch dann kam die Corona-Pandemie. Als Joseph Bastian vor einem Jahr seine Position als Chefdirigent der Münchner Symphoniker antrat, kündigte er einen inklusiven Konzertabend an. Mit den Kammerspielen fand er den idealen Partner. Unter Intendantin Barbara Mundel waren erstmals Menschen mit Downsyndrom in das feste Ensemble eines deutschen Theaters aufgenommen worden.
Die Verantwortlichen der beiden großen Kultureinrichtungen setzten sich zusammen und entwickelten gemeinsam das Konzept für diesen Abend. Bei den Kammerspielen kümmerten sich Regisseurin Nele Jahnke und Dramaturg Sebastian Reier ebenso um das Projekt wie Maja Polk, die die künstlerische Produktionsleitung hatte. Sie suchten Texte von Menschen mit geistiger Behinderung heraus, die die Schauspielerinnen und Schauspieler vortragen, darunter auch Luisa Wöllisch. In ihrer Begrüßung spricht sie über Trisomie 21, wie das Downsyndrom in der Fachsprache heißt.
"Ich bin frei, endlich frei"
Während die klassischen Musikstücke von Ludwig van Beethoven, Edward Elgar und Jean-Philippe Rameau einen Bezug zum Thema Leben mit Behinderung haben, sind die modernen Lieder Wünsche der Schauspielerinnen und Schauspieler. So interpretieren Dennis Fell-Hernandez und Elias Krischke gemeinsam „Let it go“ aus dem Disney-Musicalfilm „Die Eiskönigin“. Bei „Ich bin frei, endlich frei“ zeigen die beiden jungen Männer auch ihr Schauspieltalent, zur Freude des Publikums.
Joseph Bastian hat bereits Ideen für ähnliche Projekte, betont aber: „Inklusion sollte selbstverständlich werden.