Der Freistaat kann es besser
Soziales Netz Bayern stellt Positionspapier mit zentralen Forderungen an die Staatsregierung vor
Nach fünf Jahren schwarz-orangener Koalition in Bayern fällt die sozialpolitische Bilanz bescheiden aus. Zu Beginn der neuen Koalitionsverhandlungen von CSUkurz fürChristlich-Soziale Union und Freien Wählern hat das Soziale Netz Bayern, zu dem auch der VdK gehört, ein Positionspapier zu Themen wie Armut, Pflege, Bildung und Teilhabe veröffentlicht.
Bei einer Pressekonferenz in München stellte VdK-Landesvorsitzende Verena Bentele gemeinsam mit Dr. Sabine Weingärtner, Präsidentin der Diakonie Bayern und Vorsitzende der Freien Wohlfahrtspflege Bayern, und Bernhard Stiedl, Vorsitzender des DGBkurz fürDeutscher Gewerkschaftsbund Bayern, die zentralen Forderungen des Sozialen Netz Bayern vor.
Zuvor hatten sich die 17 Verbände, Organisationen und Initiativen, die das Soziale Netz Bayern bilden, gemeinsam ein Positionspapier erarbeitet, das sich an die künftige bayerische Staatsregierung richtet. Es trägt den Titel „Bayern kann es besser!“ und spricht sich für deutliche Verbesserungen in der Sozial-, Gesundheits-, Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik aus. Diese würden den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördern und den Rechtsruck der Gesellschaft stoppen, betonte Bernhard Stiedl. „Als Soziales Netz Bayern fordern wir alle Verantwortlichen auf, dem plumpen Populismus, der Hetze und der Spaltung mit lebensnaher, praktischer und sozialer Politik Grenzen zu setzen“, sagte der Vorsitzende des DGBkurz fürDeutscher Gewerkschaftsbund Bayern.
Stiedl sprach sich für eine nachhaltige Armutsbekämpfung aus. Er kritisierte, dass die Entwicklung in Bayern in den letzten Jahrzehnten negativ ist. So ist das Armutsrisiko von kinderreichen Familien von 2005 bis 2021 von 23,6 auf 28,2 Prozent und von Rentnerinnen und Rentnern im selben Zeitraum von 20,5 auf 26,5 Prozent gestiegen. Um gegenzusteuern, forderte er, den Niedriglohnsektor auszutrocknen und den sozialen Wohnungsbau voranzutreiben.
Bessere Bildung für alle
Dr. Sabine Weingärtner kritisierte die ungleichen Bildungschancen im Freistaat. „Wir fordern ein deutliches Bekenntnis der bayerischen Politik zum Recht auf Bildung für alle Menschen im Freistaat – unabhängig von Alter oder Herkunft.“ Neben einer guten Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften und Sachmitteln gehöre auch die Finanzierung ergänzender Angebote dazu, betonte sie. „Denn Bildung endet nicht an der Klassenzimmertür.“ So sei die Finanzierung der offenen Ganztagsbetreuung und der Mittagsbetreuung seit Jahren defizitär.
Auch das Studium werde durch die Lage am Wohnungsmarkt massiv erschwert: „Nur an einem Hochschulstandort in Bayern können Sie als Student oder Studentin ein WG-Zimmer zu dem Preis finden, der im BAFÖG dafür vorgesehen ist. Das ist Coburg. In allen anderen Städten liegt die durchschnittliche Miete darüber, in München zahlen Sie im Durchschnitt sogar das Doppelte. Damit wird der Hochschulabschluss zu einer Frage des Geldbeutels.“
Recht auf Tagespflege
VdK-Landesvorsitzende Verena Bentele beklagte, dass die schwarz-orange Regierung von Bayern in den Bereichen Pflege und Teilhabe „einen Großteil ihrer Hausaufgaben in den vergangenen fünf Jahren nicht erledigt“ hat. „Hier muss die künftige Regierung sehr viel nachsitzen und nacharbeiten“, sagte Bentele. Gerade die häusliche Pflege muss der Freistaat viel mehr fördern. Es gebe bisher viel zu wenig Angebote zur Entlastung der Angehörigen. „Wir fordern ein Recht auf Tagespflege, so wie es auch ein Recht auf Kinderbetreuung gibt“, erklärte die VdK-Landesvorsitzende. Um den Menschen vor Ort besser helfen zu können, müssen in allen Bezirken flächendeckend Pflegestützpunkte eingerichtet werden.
Einen weiteren Missstand sprach Bentele ebenfalls an: „Obwohl die Staatsregierung 2013 das Ziel ausgegeben hatte, Bayern bis 2023 im öffentlichen Raum und den Öffentlichen Personennahverkehr komplett barrierefrei zu machen, sind immer noch weniger als 50 Prozent aller Bahnhöfe und Haltestellen in Bayern barrierefrei.“ Bentele forderte alle künftigen Ministerien in Bayern auf, sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen und so für besseren Zusammenhalt zu sorgen.