Kategorie VdK-Zeitung

Digital abgehängt

Von: Annette Liebmann

Arme Menschen haben oft weder Zugang zu Computern noch entsprechende Kenntnisse

Die gesellschaftliche Ausgrenzung von armen Menschen findet in vielen Lebensbereichen statt. Auch ihr Risiko, digital abgehängt zu werden, ist hoch. Der VdK fordert, die Regelsätze für Bürgergeld anzuheben und Menschen ohne Internetzugang nicht zu benachteiligen.

Wer wenig Geld zur Verfügung hat, besitzt oftmals nicht die nötigen technischen Geräte für digitale Teilhabe. Zudem haben Menschen in schlecht bezahlten Jobs viel seltener die Gelegenheit, im Beruf Fähigkeiten im Umgang mit dem Computer zu erwerben und zu vertiefen.

Laut einer Studie des Paritätischen sorgen sich ein Drittel aller Menschen in Deutschland, mit der rasanten technischen Entwicklung nicht Schritt halten zu können. Für arme Menschen ist das Risiko, abgehängt zu werden, ungleich größer: In dieser Gruppe verfügt jede beziehungsweise jeder Fünfte nicht einmal über einen eigenen Internetanschluss – die meisten geben dafür finanzielle Gründe an. Zwei Drittel nutzen beruflich weder Laptop noch Computer, und mehr als die Hälfte haben im Job nie mit digitalen Anwendungen oder Programmen zu tun. Von Ausgrenzung betroffen sind häufig auch ältere Menschen und insbesondere Frauen. Viele von ihnen haben den Umgang mit Computern nie gelernt.

Im Bürgergeld sind für digitale Geräte und deren Nutzung kein Geld vorgesehen. Mit 502 Euro für eine alleinstehende Person ist der Regelsatz ohnehin viel zu niedrig, sodass nicht einmal eine gesunde und ausgewogene Ernährung möglich ist. Für die Anschaffung von Großgeräten wie Waschmaschine oder Kühlschrank stehen monatlich ein bis zwei Euro, für Post und Telekommunikation 44,08 Euro zur Verfügung.

Viele Nachteile

Für die meisten Menschen ist die Nutzung von Computern ein wichtiger Bestandteil ihres Alltags. Wer davon ausgeschlossen ist, muss viele Nachteile in Kauf nehmen. Die Corona-Pandemie hat die fortschreitende Digitalisierung zusätzlich beschleunigt. Mittlerweile haben die meisten Banken auf Online-Banking umgestellt. Wer mangels Internetzugang in Papierform überweisen will, muss einen Aufpreis bezahlen. Auch viele Behörden und immer mehr Arztpraxen vergeben Termine nur noch digital. Für das 49-Euro-Ticket der Deutschen Bahn ist ein Smartphone notwendig, und viele Händler gewähren Rabatte nur noch, wenn man die jeweilige App auf dem Handy nutzt.

Auch lebensnotwendige Bedürfnisse wie Arbeit und Wohnen sind davon betroffen. Wer eine Wohnung braucht, hat bei der Suche über Online-Immobilienportale die größten Chancen. Gut bezahlte Jobs werden, statt wie früher in der Zeitung, meist über Jobbörsen veröffentlicht, und die Bewerbung läuft ebenfalls digital. Menschen ohne digitale Geräte, Internetzugang und entsprechendes Wissen haben es auf dem Wohnungs- und Stellenmarkt ohnehin schwer und werden nun auch noch zusätzlich benachteiligt.

Das fordert der VdK

Der VdK fordert, den Anspruch auf aktuelle und geeignete Geräte, um digital an der Gesellschaft teilhaben zu können, im Bürgergeld für alle Leistungsberechtigten anzuerkennen. Sonst droht nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine soziale Ausgrenzung. „Das betrifft den Erwerbslosen, der ohne Internetzugang weder Bewerbungen versenden noch an Umschulungsmaßnahmen teilnehmen kann, genauso wie die Rentnerin im Seniorenheim“, bekräftigt VdK-Präsidentin Verena Bentele. 

Darüber hinaus setzt sich der VdK dafür ein, dass Menschen ohne Internetzugang nicht vergessen werden. „Viele unserer Mitglieder haben schwere Erkrankungen oder Behinderungen. Sie können sich zum Beispiel kein Antragsformular herunterladen. Auch für sie muss es Möglichkeiten geben, Behördengänge zu erledigen und an Arzttermine zu kommen“, so Bentele weiter. Weiterhin müssten digitale Zugänge in jeder Hinsicht barrierefrei gestaltet werden.