Friedhof voller Leben
In Regensburg hat das inklusive Team des „Café Vielfalt“ einen besonderen Ort der Ruhe geschaffen
Zwischen Grabstätten einkehren? Warum nicht? Das inklusive „Café Vielfalt“ auf dem Evangelischen Zentralfriedhof ist in Regensburg eine kleine Institution geworden.
Die Totenglocke läutet, ein Trauerzug geht an der Café-Terrasse vor dem hellen Jugendstilgebäude vorbei. Für die Gäste, die an diesem strahlenden Spätherbsttag vor ihren Getränken sitzen, ist das nichts Ungewöhnliches. Schließlich befinden sie sich mitten im Friedhof.
„Schoko Bannanen Kuchen“ gibt es heute als Extra, verkündet eine mit Kreide beschriebene Tafel. Wolfgang Oefner serviert zwei Damen auf der Terrasse gekonnt eine Quiche. „Service liegt in meinem Blut“, sagt der junge Mann selbstbewusst, der hier einen Außenarbeitsplatz der Lebenshilfe- Werkstätten hat.
Dass er mitten im Friedhof arbeitet? Kein Problem. Es geht ihm um die Menschen, die er hier bedient, um das Team im Café, mit dem er arbeitet. „Ich bringe jeden Tag gute Laune mit“, sagt er. „Wolfi“ nennen ihn seine Stammgäste. Dass er beim Kassieren etwas länger braucht, stört niemanden. Die Menschen, die hierher kommen, bringen Zeit mit.
„Schoko Bannanen Kuchen“ gibt es heute als Extra, verkündet eine mit Kreide beschriebene Tafel. Wolfgang Oefner serviert zwei Damen auf der Terrasse gekonnt eine Quiche. „Service liegt in meinem Blut“, sagt der junge Mann selbstbewusst, der hier einen Außenarbeitsplatz der Lebenshilfe- Werkstätten hat.
Dass er mitten im Friedhof arbeitet? Kein Problem. Es geht ihm um die Menschen, die er hier bedient, um das Team im Café, mit dem er arbeitet. „Ich bringe jeden Tag gute Laune mit“, sagt er. „Wolfi“ nennen ihn seine Stammgäste. Dass er beim Kassieren etwas länger braucht, stört niemanden. Die Menschen, die hierher kommen, bringen Zeit mit.
Norbert Lebegern sitzt seit April 2023 sehr oft im Café. „Wolfi und die anderen haben mir sehr geholfen“, erzählt er. Einfach durchs Da-Sein. Das Grab seiner Frau Marlies Lebegern liegt in Sichtweite des Cafés. Beim kurzen Gang dorthin erzählt er, wie das Ehepaar im September 2022 zusammen hier gewesen war.
Das Café sei ihnen beiden gleich aufgefallen, sagt er, und die schöne Atmosphäre des alten Friedhofs. Hier wolle sie begraben werden, erklärte seine Frau. Wegen einer chronischen Erkrankung ging es ihr damals schon sehr schlecht. Trotzdem, sagt Norbert Lebegern, kam ihr Tod zu schnell für ihn.
„Farbe war ihr Leben“, sagt er lächelnd mit Blick auf das Grab, das ganz nach Wunsch der Verstorbenen natürlich bewachsen ist und sich von den strengen, von Marmorsteinen bewachten Gräbern daneben abhebt. Mit ihrem roten Hut wurde sie beerdigt, und auf dem Grabmal wird ein Schmetterling sitzen.
Geschützt und betreut
„Wir achten darauf, dass niemand aus dem Team die Sorgen der Menschen mit nach Hause nimmt“, betont Friedrich Weinbeck. Er ist Vorsitzender der Lebenshilfe Regensburg, das Wohl der betreuten Menschen, die hier arbeiten, liegt ihm am Herzen. „Natürlich wird von den Gästen auch mal geweint, dann helfen wir dabei, dass sich unsere Leute abgrenzen können“, sagt Daniela Simon, eine der beiden Sozialarbeiterinnen, die sich vor Ort um das siebenköpfige Team kümmern. Denn es gibt kritische Momente, etwa wenn eine Trauerfeier im Café stattfindet, die sehr emotional ist.
Daniela Simon kommt aus der Gastronomie. In den Lebenshilfe- Werkstätten rund um Regensburg führte sie, als das Projekt vor mehr als zwei Jahren konkret wurde, Service-Schulungen durch. Das Ineinandergreifen von Tätigkeiten muss geübt werden. Küche, Spülen, Service, Müll rausbringen: Alle machen alles. „Wer will, darf sich ausprobieren. Es zählt nur, dass jemand möchte. Was jemand nicht kann, bringen wir ihm bei“, sagt Simon. Sie sei immer wieder von Werkstatt-Beschäftigten überrascht, welche Kräfte diese entwickeln, um in dem oft trubeligen Betrieb mithalten zu können.
Das „Café Vielfalt“ ist ein Ausbildungsbetrieb. Es soll Perspektiven für Anstellungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eröffnen. „Wolfi“ könnte sich das vorstellen. Das Team und die Gäste würden ihn allerdings sehr vermissen.
Stammgästin Heide Schützner hat gerade das Grab ihres Mannes besucht, der vor sieben Jahren gestorben ist. Das schöne Jugendstilhaus kennt sie noch als baufällige „Gerümpelkammer“. Die evangelische Gesamtkirchengemeinde suchte lange nach einer sinnvolleren Nutzung. Der Kontakt zu einem Werkstattleiter der Lebenshilfe ließ die Idee eines Begegnungsorts mit Café entstehen. Ein Ort, den viele, die ein Grab besuchen oder einfach spazieren gehen, vermisst haben.
Seit der Eröffnung vor zwei Jahren ist Schützner gerne hier: „Ich mag das Ruhige und die Freundlichkeit“, sagt sie. „Entschleunigung“ nennt Lebenshilfe-Vorsitzender Weinbeck dieses Gefühl, das viele Menschen im Alltag vermissen und in Regensburg nun in einem Friedhofscafé finden können.