In Bayern gibt es zu viele Barrieren
Ob ÖPNV, Gesundheitseinrichtungen oder Wohnungsbau: Überall stoßen Menschen in Bayern auf Hürden. Die Umsetzung von Barrierefreiheit hat für die Staatsregierung einen zu geringen Stellenwert, kritisiert der VdK Bayern.
VdK-Landesvorsitzende Verena Bentele mahnt schon lange mehr Tempo bei der Schaffung von Barrierefreiheit in Bayern an. Einer der wenigen Lichtblicke ist eine VdK-Forderung, die den Weg in den Koalitionsvertrag der Staatsregierung gefunden hat: Es soll eine unabhängige bayerische Fachstelle für Barrierefreiheit als zentrale Anlaufstelle für private Anbieter von Dienstleistungen eingerichtet werden.
„Wir werden allerdings genau beobachten, wie unabhängig diese Fachstelle wirklich sein wird. Sie soll beim Sozialministerium angesiedelt werden, obwohl beispielsweise die Verantwortung für die Themen Bauen und Digitalisierung in anderen Ministerien liegt“, erklärt Bentele.
Schleppender Ausbau
Aktuelle Zahlen zum Stand der Barrierefreiheit in Bayern sind ernüchternd. Mehr als die Hälfte aller Bahnhöfe sind immer noch nicht für alle Menschen nutzbar. Im Januar 2024 waren 517 Bahnhöfe und Haltepunkte komplett barrierefrei, das sind nur elf mehr als im Jahr zuvor. Bis 2028 verspricht die Staatsregierung weitere 100 barrierefreie Bahnhöfe, was beim derzeitigen Tempo bezweifelt werden darf.
Bentele hat für den schleppenden Ausbau kein Verständnis: „Barrierefreiheit ist Teil einer dringend notwendigen Modernisierung von Bahnhöfen und Verkehrsmitteln. Damit einher gehen Komfort, Übersichtlichkeit und Sicherheit. Davon profitieren alle Fahrgäste. Und es könnte mehr Menschen dazu bewegen, auf den ÖPNV umzusteigen“, sagt sie.
Zudem berge diese Vernachlässigung die große Gefahr, dass die Mobilität der älter werdenden Bevölkerung gerade in ländlichen Räumen auf Dauer gefährdet ist. Die Haltestellen dort stehen nämlich gewöhnlich ganz am Ende der Umbauliste.
Angesichts des demografischen Wandels ist barrierefreier Wohnraum notwendiger denn je. Doch die Bayerische Bauordnung soll dahingehend nicht verändert werden. Ein Bauherr, der auf Barrierefreiheit verzichtet, muss sich also weiterhin keine Sorgen machen. Der VdK fordert, dass Barrierefreiheit bei Neu- und Umbauten denselben Stellenwert hat wie der Brandschutz.
Kein Weg zum Arzt
Bayern ist das Bundesland mit den wenigsten barrierefreien Arztpraxen. Nur sieben Prozent der Praxen sind komplett barrierefrei, und nur 38,8 Prozent verfügen über mindestens eine Vorkehrung zur Barrierefreiheit. Das ist der schlechteste Wert aller Bundesländer.
Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg liegen bei 52,1 Prozent und 54,7 Prozent, deutschlandweit sind es 48,2 Prozent. Straubing-Bogen ist der einzige bayerische Landkreis mit einem Wert über 50 Prozent. Doch selbst das kann täuschen, denn beispielsweise führt ein behindertengerechtes WC in den Praxisräumen zur Einordnung in diese Kategorie, obwohl der Praxiszugang nicht barrierefrei ist.
„Diese Unzulänglichkeiten schränken für Menschen mit Behinderung das Recht auf freie Arztwahl erheblich ein“, kritisiert Bentele. Der VdK fordert, dass bei der Vergabe von Arztsitzen Barrierefreiheit zwingend berücksichtigt werden muss.