Kategorie VdK-Zeitung

Eine Kreditkarte ist keine Altersfrage

Von: Dr. Bettina Schubarth

Der 90-jährige Friedrich Heither verklagt erfolgreich eine Bank wegen Diskriminierung

Porträtfoto von Friedrich Heither, wie er an einem Tisch sitzt.
Friedrich Heither hat sich von der Bank nicht einschüchtern lassen. © Severin Wohlleben

Friedrich Heither wollte nichts Besonderes, dachte er, als er bei einer Bank eine Kreditkarte beantragte. Doch trotz solider Finanzen wurde ihm diese mit Hinweis auf sein Alter verweigert. Der 90-jährige Jurist gab nicht klein bei, sondern klagte wegen Altersdiskriminierung. Eine echte Pioniertat.

Diesen Rechtsstreit hat die Stiftung Warentest (Heft „Finanzen“ 3/2025) aufgegriffen. Denn nach Aussage von Redakteur Christoph Herrmann ist das, was Friedrich Heither erlebt hat, kein Einzelfall. Immer wieder berichten Leserinnen und Leser seiner Redaktion, dass ihnen Kredite ab Mitte 60 nicht mehr gewährt werden. 

Bei Friedrich Heither ging es nicht einmal um eine große Anschaffung oder gar einen Immobilienkauf. Er wollte lediglich eine Kreditkarte mit einem eher kleinen Verfügungsrahmen von 2500 Euro haben. Die Bonität des früheren Richters steht außer Frage. Alleine seine monatliche Pension beträgt 6000 Euro. 

Die Begründung der Bank, er sei mit seinen damals Ende 80 Jahren leider zu alt für eine Kreditkarte, und im Falle seines Todes könnten die Erben seine Schulden möglicherweise nicht ausgleichen, wollte Heither nicht akzeptieren. Und mit dem früheren Vorsitzenden Richter des Bundesarbeitsgerichts hatte es die Bank mit einem erfahrenen Juristen zu tun, der sich nicht einfach abspeisen ließ. Er verklagte die Bank wegen Altersdiskriminierung – erfolgreich.

Es geht ums Prinzip

Die Bank, die ihm die Kreditkarte verweigerte, war nicht seine Hausbank. Dort ist er seit vielen Jahren angesehener Kunde. Diese hätte ihm seinen Wunsch erfüllt, sagt er, allerdings wäre die Karte dort teurer gewesen. Dass Heither sich dies auch hätte leisten können, spielte für ihn keine Rolle. Es ging ihm ums Prinzip.

Die juristische Begründung des abgewiesenen Kunden, der zum Kläger wurde, lautete: Wenn ihm trotz Bonität eine Kreditkarte verweigert wird, ist das eine Altersdiskriminierung. Seine höhere Wahrscheinlichkeit, bald zu sterben, reiche als Grund nicht aus, ihm das Angebot zu verwehren. 

Es liegt seiner Meinung nach ein Verstoß gegen das Diskrimierungsverbot vor, wie es im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz festgelegt ist. Die Vergabe von Kreditkarten sei ein Massengeschäft und kein individueller Vertrag, deswegen dürfe ihm nicht wegen seines Alters die Kreditkarte verweigert werden.

Heither verklagte die Bank auf Entschädigung. Das Amtsgericht Kassel gab ihm Recht und setzte Schadenersatz in Höhe von 3000 Euro fest (Az. 435 C 777/23). Auch die Berufung der Bank vor dem Landgericht Kassel wurde abgewiesen, das Urteil ist rechtskräftig (Az. 4 S 139/23).

 „Es gab zuvor kein einziges Urteil in einer solchen Sache. Deshalb war Heithers Klage eine echte Pionierleistung“, sagt Redakteur Christoph Herrmann. Er hat ihn deshalb auch als „Mutmacher“ bezeichnet.

Wer wie Heither über genügend Bonität verfügt und dennoch mit Hinweis auf das Alter eine Kreditkarte oder einen Kredit verweigert bekommt, für den sei es einen Versuch wert, sich nach dessen Vorbild zu wehren, sagt Herrmann. Aber am besten mit Anwalt. 

Entschädigung fordern

Die Stiftung Warentest rät: „Fordern Sie das Geldinstitut zu einer Zahlung von 3000 Euro auf, wie sie die Gerichte im Fall Heither für richtig hielten. (...) Setzen Sie eine Frist von mindestens zwei Wochen. Bleibt die Zahlung aus, schalten Sie einen Rechtsanwalt ein, der Erfahrungen im Streit um Entschädigungen nach dem Gleichbehandlungsgesetz hat.“

Je nach verweigertem Kreditrahmen kann auch eine höhere Entschädigung als 3000 Euro angemessen sein. Achtung: Wer vor Gericht gehen will, muss erst einmal Anwaltskosten zahlen, beziehungsweise dafür seine Rechtsschutzversicherung in Anspruch nehmen. Der Sozialverband VdK darf seine Mitglieder in solchen Rechtsfällen nicht vertreten.