Kategorie VdK-Zeitung

Sechs Jahrzehnte Verbraucherschutz

Von: Petra J. Huschke

Sie genießt Vertrauen in der Bevölkerung und ist die bekannteste Stiftung Deutschlands: Die gemeinnützige Verbraucherschutzorganisation „Stiftung Warentest“ wurde am 4. Dezember 60 Jahre alt. 

Foto von 1974. Man sieht einen Mann neben einer Prüfmaschine mit einem Fahrrad stehen.
1974: Der Dauerprüfstand für Fahrräder untersucht die Schwachstellen bei längerer Benutzung der Räder. © Stiftung Warentest

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich die Wirtschaft rasant – das Angebot an Waren wuchs ständig und wurde dadurch aber auch immer unübersichtlicher. Von der Wirtschaft wurde behauptet, Verbraucherinnen und Verbraucher seien durch Werbung ausreichend informiert. In der öffentlichen Debatte wurde aber ein Informationsungleichgewicht gesehen, das behoben werden sollte. Impulse kamen aus dem Ausland: In den USA wurde eine Verbraucherorganisation, die Tests durchführt, bereits in den 1930er-Jahren gegründet. Auch in verschiedenen europäischen Nachbarländern gab es diese schon in den 1950er-Jahren. Im Jahr 1964 beschloss der Deutsche Bundestag, die „Stiftung Warentest“ ins Leben zu rufen.

Spiegel der Gesellschaft

Stifterin und Satzungsgeberin ist damit die Bundesrepublik Deutschland. „Die Arbeit der Stiftung ist immer ein Spiegel der Gesellschaft gewesen, genauer des Konsumverhaltens der Deutschen. Wir testen heute einen weiten Bereich von Produkten – von Waren des täglichen Bedarfs wie Lebensmitteln und Kosmetika über die Klassiker wie Wasch- und Spülmaschinen bis hin zu Haftpflichtversicherungen und Altersvorsorgeprodukten“, sagt Holger Brackemann, Untersuchungsleiter bei der „Stiftung Warentest“. 

Über die Jahre verschwinden viele Produkte. So gibt es keine Tests von Farbfilmen, Videorekordern oder Computerdisketten mehr. Brackemann: „Dafür stehen heute Produkte auf dem Programm, die man sich vor 60 Jahren vermutlich noch nicht einmal vorstellen konnte: vegane Fleischalternativen, Smartwatches, Handys, Laptops.“ Aber es gibt auch Konstanten: Nähmaschinen wurden für die erste Ausgabe von „test“ untersucht, und sie wurden in diesem Jahr wieder getestet. Das gleiche trifft auf Waschmaschinen und Kühlschränke zu. 

Viele der Untersuchungskriterien sind in den 60 Jahren konstant geblieben. Es kamen aber auch jede Menge neue hinzu, wie Energieverbrauch, Schadstoffe oder Datenschutz. Und auch die Publikationen haben sich verändert: Während früher die Ergebnisse ausschließlich in einer Zeitschrift veröffentlicht wurden, gibt es mittlerweile zwei Zeitschriften – „test“ und „Finanztest“ –, Ratgeber-Bücher sowie digitale Kanäle. 

Einige wichtige Merkmale: „Wir kaufen die Prüfmuster noch immer anonym im Handel ein, testen in unabhängigen Prüfinstituten und veröffentlichen in unseren Zeitschriften ohne Anzeigen“, so Brackemann. Dadurch sei man unabhängig. In der Untersuchungsabteilung der „Stiftung Warentest“ arbeiten wissenschaftlich ausgebildete, erfahrene Expertinnen und Experten, etwa Lebensmittelchemiker, Ingenieure, Juristen, Wirtschaftswissenschaftler. Nachhaltigkeit gehört zur DNA der Stiftung. Schon immer spielen Langlebigkeit und niedriger Energieverbrauch in den Tests der Stiftung eine große Rolle.

Seit Beginn der 1970er-Jahre bringen Anbieter auf ihren Produkten zunehmend das Qualitätsurteil der „Stiftung Warentest“ an. Bürgerinnen und Bürger orientieren sich daran. Die Testarbeit wird zu über 80 Prozent aus dem Verkauf der Publikationen finanziert. Weitere Einnahmequellen sind Logolizenzen und Erträge aus dem Stiftungsvermögen. Brackemann: „Wir erzielen keine Einnahmen durch Werbung, Neutralität ist für die Stiftung oberstes Gebot.“

Der Fahrradtest heute mit einem E-Bike im modernen Prüfinstitut.
2024: Der Fahrradtest heute mit einem E-Bike im modernen Prüfinstitut. Am Prinzip hat sich nichts geändert, nur die Technik ist besser geworden. © Stiftung Warentest