Marlenes mutige Botschaft
Marlene Kagerbauer holt gerade ihren Bachelor nach. Denn vor zwei Jahren kam ihr etwas dazwischen: Krebs. Zuerst spürte sie Stillstand. Doch dann drehte sie humorvoll, kreativ und mit ansteckender Lebenslust Videos für ihre Community.
Für das Interview mit der VdK-Zeitung sitzt Marlene Kagerbauer entspannt in einem Münchner Café in der Nähe der Uni und bestellt einen entkoffeinierten Cappuccino mit Hafermilch. Die 24-Jährige trägt ihr kurzes, gewelltes Haar gerade rosa. „Das ist keine Perücke“, betont sie. Ein Piercing steckt im linken Nasenflügel. Es fällt ihr nicht schwer, offen über ihre Krebserkrankung zu sprechen.
„Der Albtraum fing damit an, dass ich einen Knoten an meinem Hals ertastete“, erzählt die Oberbayerin. Nach gründlichen Untersuchungen erfuhr die damals 23-Jährige, dass sie am Hodgkin-Lymphom erkrankt ist, einem bösartigen Lymphknotengeschwulst. „Nach der Diagnose habe ich eine Woche lang durchgeweint.“ Die Studentin wurde mitten aus dem Studium der Kommunikationswissenschaften gerissen. Raus aus der Uni, rein in die Klinik zum ersten Zyklus der Chemotherapie.
Härteprüfung
Als sich der anfängliche Schock etwas gelegt hat, schöpfte sie Hoffnung. Denn die Ärzte vermittelten ihr, dass diese Krebsart gut behandelbar ist. „Sie haben mich beruhigt und gesagt, dass in meiner Altersspanne eine Heilungschance von 95 Prozent besteht.“
Die folgenden Monate bezeichnet sie rückblickend als „Härteprüfung meines Lebens, die mir gezeigt hat, was ich alles schaffen kann“. Sie habe nicht nur gelernt, die Situation zu akzeptieren, wie sie ist, sondern auch beschlossen, selbst zu bestimmen, wie viel Platz die Schattenseiten der Krankheit in ihrem Leben einnehmen.
Auch eine Influencerin, die sie im Internet entdeckte, ermutigte sie. Ihren Followern ist die junge Frau bei Instagram unter dem Namen „Externer Link:Lauralamode“ bekannt. „So wie ich hat sie mit Anfang 20 erfahren, dass sie an Krebs erkrankt ist. In ihren Videos lässt sie die Community an ihrem Schicksal teilhaben und zeigt, dass ein positiver Umgang mit der Krankheit möglich ist. Wie sie das darstellt, auch der Humor dabei, hat mich beeindruckt und mir viele Ängste genommen.“
Zudem beflügelte die Influencerin sie dazu, selbst Botschafterin in den sozialen Medien zu werden. So drehte Marlene Kagerbauer ein lustiges Video, das sie anschließend auf ihrem privaten Instagram-Account postete. Darin ist zu sehen, wie ihre Freundin ihr zuerst den langen braunen Zopf abschneidet und dann den Rest der Haare abrasiert. „So bitter es auch ist, dass man durch eine Chemotherapie die Haare verliert, so witzig kann man das gestalten“, sagt die Münchnerin. „Ich will zeigen, dass jede und jeder den Umgang mit einer Krankheit selbst in der Hand hat.“ Und wie waren die Reaktionen? „Einige hundert Menschen sind mir gefolgt. Ich bekam sehr rührende Nachrichten. Viele haben richtig mitgefiebert und ihre Hilfe angeboten. Einige erzählten auch von Krebserkrankungen in ihren Familien und haben sich bei mir bedankt, dass ihre Lebensrealität Sichtbarkeit bekommt“, erinnert sich Marlene Kagerbauer.
Nach neun Monaten Chemo- und Strahlentherapie war die Behandlung abgeschlossen. Inzwischen hat die Münchnerin den Krebs überwunden und kann ihr Studium fortsetzen.
Während Marlene Kagerbauer mit der sichtbaren Veränderung gut klarkam, haben andere ein großes Problem damit. „Mir erzählen viele Frauen, dass sie den Haarverlust als sehr belastend empfinden“, sagt Petra Demmelhuber. Die Expertin arbeitet in der Außensprechstunde Dachau der Externer Link:Bayerischen Krebsgesellschaft am Helios-Amper-Klinikum Dachau. „Die Sorge, etwa von Nachbarn als krebskrank erkannt zu werden, kann zum Rückzug führen und das Gefühl der Einsamkeit verstärken.“ Einigen Betroffenen hilft eine Perücke, sich wieder unter Leute zu wagen. Zu beachten ist, dass die Kopfhaut durch die Chemotherapie sehr empfindlich ist, weshalb eine gute Qualität von Perücke, Turban oder Kopftuch wichtig ist. Außerdem rät Demmelhuber, sich im Vorfeld an die Krankenkasse zu wenden, ob diese die Kosten dafür übernimmt.
Bunte Perücken
Marlene Kagerbauer erinnert sich daran, wie unangenehm es an heißen Sommertagen war, eine Perücke zu tragen, und wich auf Alternativen aus: „Es gefiel mir sogar, mit verschiedenen Looks zu spielen. Während der Krebstherapie trug ich bunte Perücken und Kopftücher, Make-up sowieso.“ Auch sie rät dazu, psychoonkologische Beratungsangebote wahrzunehmen.