Kategorie VdK-Zeitung Pflege Gesundheit

Tipps im Umgang mit Demenzbetroffenen

Von: Dr. Bettina Schubarth

Im Rahmen der Bayerischen Demenzwoche vom 20. bis 29. September des Gesundheitsministeriums hat sich der VdK Bayern in den Sozialen Medien beteiligt. Die wichtigsten Infos und Tipps zum Umgang mit Demenzerkrankten lesen Sie im Artikel. 

Eine ältere Dame macht hier einen speziellen kognitiven Test. Beim „Uhrentest“ versucht sie ein Ziffernblatt zu zeichnen.
Menschen mit einer Demenzerkrankung verlieren die zeitliche Orientierung. Eine ältere Dame macht hier einen speziellen kognitiven Test. Beim „Uhrentest“ versucht sie ein Ziffernblatt zu zeichnen. © imago/Dreamstime

„Was habt ihr denn heute gemacht?“, fragt die Enkelin, die ihre Großmutter von der Tagespflege abgeholt hat und ihr gerade zu Hause aus der Jacke hilft. Sie bekommt keine Antwort. Nur Stirnrunzeln, und das Gesicht zeigt einen Anflug von Ärger. Die Enkelin wechselt das Thema, während sie die Jacke aufhängt: „Hast du Durst? Willst du ein Glas Wasser, Oma?“ Diese schüttelt verärgert den Kopf, stapft davon. Die Enkelin bleibt ratlos zurück.

Fragen anders stellen

Das ist eine typische Situation für Angehörige, die sich um Familienmitglieder kümmern, die an Demenz erkrankt sind. Das Scheitern der Kommunikation wird von vielen als besonders belastend empfunden. Die Enkelin erinnert sich an ihre lebhafte und lustige Oma, bei der sie immer so gerne zu Besuch war, und jetzt bekommt sie nicht einmal mehr Antworten auf vermeintlich einfache Fragen?

„Wir müssen uns klarmachen, dass es keine Abweisung ist, wenn Fragen nicht beantwortet werden. Sondern dass wir die Fragen anders stellen müssen“, sagt Tina Würzburger, Referentin im Externer Link:Ressort „Leben im Alter“ beim VdK Bayern. Die Frage nach den Erlebnissen in der Tagespflege fordert die Erkrankte auf, sich zu erinnern. Aber das Erinnern ist nicht mehr möglich. Das verunsichert oder verärgert die Betroffene. Fragen, die gestellt werden, sollten sich deshalb immer auf die Gegenwart beziehen. Positiv gesprochen: Menschen mit Demenz bringen uns dazu, mehr im Hier und Jetzt zu leben.

Am besten ist es, Fragen zu stellen, die mit „Ja“ oder „Nein“ zu beantworten sind. Das braucht womöglich anfangs etwas Übung. Aber es lohnt sich, denn vielleicht ruft die Frage ein Erzählbedürfnis wach – und auf einmal entsteht doch ein Dialog.

Eine Frage wie „Hast du Durst?“ ist in der oben beschriebenen Situation für die Großmutter vermutlich schwer einzuordnen, vielleicht sogar zu abstrakt. Schließlich hängt die Enkelin gerade die Jacke auf und wendet ihr den Rücken zu. Besser ist es, der Person ein Glas mit Wasser zu füllen und ihr dieses mit den Worten „Möchtest du etwas trinken?“ direkt anzubieten und sie anzuschauen. Das gefüllte Glas zu sehen und gleich zugreifen zu können, ist einfacher, als über „Durst“ nachzudenken.

„Gesten, Mimik und der direkte Blickkontakt führen in der Kommunikation mit Demenzkranken zum größten Erfolg“, sagt Tina Würzburger. Für Angehörige ist das möglicherweise aber eine große Umstellung ihrer eigenen Gesprächsgewohnheiten.

Die Grafik veranschaulicht den Tipp für die Kommunikation mit Menschen mit Demenz, dass W-Fragen zu vermeiden sind. Dazu stehen auf der Grafik folgende Hinweise: Offene Fragen oder W-Fragen sind für Betroffene schwer zu beantworten. Die Fragen fordern dazu auf, sich zu erinnern. Das können sie aber nicht mehr. Stellt Fragen, die mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können. So vermeidet ihr, dass die Person sich mit der Situation überfordert fühlt.
Menschen mit Demenz verlieren die Erinnerung. Offene oder W-Fragen können sie deshalb nicht mehr beantworten. © VdK Bayern

Tiefere Emotionen

Demenzerkrankungen werden oft als reine Verlusterfahrungen beschrieben. Die Orientierung in Raum und Zeit wird – anfangs oft unbemerkt – immer schlechter. Das Gedächtnis lässt nach, das Sprechen fällt schwerer, oft verändert sich ein Mensch auch in seinem Verhalten. Bislang gibt es auch kein Heilmittel, allerdings Therapien, die den Krankheitsverlauf verzögern.

Trotzdem: „So schmerzhaft die Diagnose Demenz erst einmal ist, sie bedeutet nicht das Ende eines individuellen Lebens“, betont Tina Würzburger. „Das Herz wird nicht dement, der Mensch verschwindet nicht. Das Leben wird vielleicht sogar tiefer, reicher an Emotionen“, so die Erfahrung der VdK-Expertin, die Angehörige von Demenzerkrankten berät. 

Ein Perspektivwechsel aufs Positive fällt vielen Erkrankten und Angehörigen verständlicherweise erst einmal schwer. Deshalb ist eine gute Beratung enorm wichtig. Angehörige berichten oft, dass ihnen einfach die Informationen fehlen. Doch erst wenn jemand die Auswirkungen dieser Erkrankung kennt, kann er oder sie ein „schwieriges“ Verhalten des Angehörigen richtig einordnen. So lässt sich das eigene Verhalten anpassen, und es entsteht ein entspanntes Miteinander.

Notwendig dafür sind oft weitere Anpassungen, auch im vertrauten Umfeld. Ein Beispiel: Der Vater hat den schönen dunklen Teppichboden im Wohnzimmer immer geliebt, ihn täglich mit Hingabe gesaugt. Doch jetzt will er den Raum partout nicht mehr betreten. Für die Tochter ist das unverständlich, doch Tina Würzburger hat dafür eine Erklärung: „Vermeiden Sie zu dunkle Farben, weil diese leicht ein Bild von Leere oder Abgrund hervorrufen können. Eine an Demenz erkrankte Person hat deshalb womöglich Angst, einen Teppich dieser Farbe zu betreten oder zu überschreiten.“ Ein heller Bodenbelag löst das Problem. Helle, rötliche Farben suggerieren Wärme und Leben. Alle Ecken sollten gut ausgeleuchtet sein. Das gibt Sicherheit.

Vertrauen entsteht, wenn etwas Vertrautes aufgerufen wird. Automatisierte Handlungen, die an frühere Tätigkeiten anknüpfen, können noch sehr lange ausgeführt werden, wie Gemüse schneiden, stricken oder Laub rechen. Vertraute Gerüche rufen gute Gefühle wach, zum Beispiel der Duft von gebrannten Mandeln vom Volksfest. Das Gedächtnis für Musik bleibt sehr lange erhalten. Mit Musik werden Menschen mit Demenz sehr gut erreicht. Egal, was immer gefallen hat, ob Blasmusik, Volkslied, Oper oder Rock ‘n‘ Roll, alles darf aufgedreht, zu allem darf gesungen oder sogar getanzt werden.  

Auf der Grafik ist ein Foto eines Frischkäsebrotes mit einem Klecks roter Marmelade und ein Foto eines Frischkäsebrotes pur. Darüber steht: Wo würdet ihr lieber reinbeißen? Auf der Grafik steht folgende Antwort auf die Frage: Ins Marmeladenbrot! Menschen mit Demenz geht es ähnlich. Das liegt aber nicht nur an der Verlockung der Marmelade. In der Demenz verändert sich die Wahrnehmung von Farben. Das Brot mit Frischkäse hat im Vergleich zum Brot mit Marmelade einen geringen Kontrast. Er ist aber wichtig, denn er hilft Betroffenen, Gegenstände besser zu erkennen.
Vielen Menschen mit Demenz scheint der Appetit zu fehlen. Oft liegt das daran, dass das Essen für sie nicht appetitlich aussieht. © VdK Bayern
Auf dem Foto sieht man zwei VdK-Zeitungen. Auf den Zeitungen sind die Wörter Demenz, Rat und Hilfe und VdK mit Scrabble-Buchstaben gelegt.

Rat und Unterstützung bei Demenz

Das Ressort „Leben im Alter“ bietet kompetente Beratung für Angehörige von Menschen an, die an Demenz erkrankt sind. 

Anlaufstellen für Demenzbetroffene und Angehörige

  • Beratungstelefon Pflege und Wohnen: Montag bis Donnerstag von 9 bis 12 Uhr und Donnerstag zusätzlich von 14 bis 16 Uhr 
  • Telefon: (089) 2117-112
  • E-Mail: lebenimalter.bayern@vdk.de

Die Organisation bietet Online- Sprechstunden und digitale Angehörigenseminare für Betroffene an, die örtlich unabhängig Unterstützung suchen. Infos unter: Externer Link:www.desideria.org

Diese gibt es in allen Landkreisen. Sie können unter Externer Link:www.lfp.bayern.de danach suchen.

Diese unterstützen die ambulante Versorgung, sie richten sich an Menschen ab 60 Jahren, die eine psychische Erkrankung haben. Bitte erkundigen Sie sich in Ihrem Landkreis nach Anlaufstellen.

Entlastungsdienste und Betreuungsgruppen für jeden Bezirk sind unter Externer Link:www.demenz-pflege-bayern.de zu finden.