Kategorie VdK-Zeitung Sozialpolitik Gesundheitssystem

Vor die Welle kommen

Von: Dr. Bettina Schubarth

15 Millionen Euro Jahresdefizit lautet die Bilanz des Klinikums Fichtelgebirge. Der Landkreis Wunsiedel strukturiert daher seit  2023 seine Standorte um. Wir sprachen mit Kornelia Schaffhauser, Gesundheitsbeauftragte des Landkreises.

Warum kann Wunsiedel nicht auf die Krankenhausreform warten?

Wir wussten: Wenn wir angesichts dieses Defizits nicht sofort etwas tun, verlieren wir beide Häuser. Privatisierung kam nicht infrage, das Klinikum sollte in kommunaler Hand bleiben. Also mussten wir vor die Welle kommen. Wir setzen jetzt eine tiefgreifende Umwandlung ohne finanzielle Absicherung durch Bundesmittel in Gang.

Das ist mutig.

Der Niedergang der Porzellanindustrie hat Wunsiedel zu Deutschlands strukturschwächstem Landkreis gemacht, 20 Prozent der Bevölkerung sind weg. Alle, die geblieben sind, wollen kämpfen. Das zeichnet uns aus.

Was heißt das fürs Klinikum?

Wir bauen den Standort Marktredwitz aus und sorgen für eine hochwertige stationäre Versorgung. Gleichzeitig geht der Trend zu mehr ambulanten Behandlungen. Deshalb machen wir den Standort Selb, der stationär zuletzt unter 70 Prozent Auslastung hatte, zu einem MVZ, einem Medizinischen Versorgungszentrum, mit vielen Fachrichtungen unter einem Dach. Damit gleichen wir auch den Mangel an Haus- und Fachärzten in Selb aus. Zum Beispiel findet der niedergelassene Gynäkologe dort keinen Nachfolger. Wir haben den Arztsitz gekauft und in das MVZ integriert. Die Stelle teilen sich jetzt zwei Ärzte.

Trotzdem regt sich Widerstand.

In Selb wird die Notaufnahme geschlossen. Das ängstigt einige. Aber zu Unrecht. Manche sehen die Tatsachen nicht. Denn schon jetzt werden schwere Notfälle wie Herzinfarkte oder Schlaganfälle nicht in Selb behandelt. Dort können sie gar nicht versorgt werden. Sie werden entweder nach Hof oder Marktredwitz gebracht, beide sind 20 Minuten entfernt. Zudem gibt es in Selb zur täglichen Notfallversorgung eine große chirurgische Praxis, die auch Operationen durchführt, und einen neuen Hausarzt. 

Und das Personal?

Mit allen Mitarbeitenden wurden bis Ende Oktober 2023 Einzelgespräche geführt. Die Mehrheit will bleiben, trägt das Konzept mit. Das ist wichtig, denn das Klinikpersonal darf uns nicht wegbrechen. Wir entwickeln Ideen, um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Zum Beispiel wollen wir einen Bus einsetzen, der das Personal im Landkreis zu Randzeiten zur Klinik und zurück fährt. 

Wie regeln Sie die Finanzierung?

Das Klinikum ist jetzt ein Kommunalunternehmen, dem der Landkreis Kredite gibt. Ein kleineres Defizit ist auch auf Dauer tragbar. 

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