Je öfter, desto besser
Wie schnell sich Gewohnheiten ändern lassen, hängt auch von der Anzahl der Wiederholungen ab

Gewohnheiten erleichtern zwar das Leben, sind aber auch schwer, wieder zu verändern. Warum das so ist und wie es gelingen kann, lästige Verhaltensweisen loszuwerden und gute Vorsätze in die Tat umzusetzen, erklärt Lars Schwabe, Professor für Kognitionspsychologie an der Universität Hamburg.
Laut Duden sind Gewohnheiten Handlungen, die durch häufige und stete Wiederholung selbstverständlich geworden sind. Meist entziehen sie sich der bewussten Kontrolle und werden mechanisch ausgeführt. Und das ist auch gut so: „Es würde uns heillos überfordern, wenn wir immer wieder darüber nachdenken würden“, sagt Schwabe. Automatismen geben Kontrolle und Halt im Alltag und helfen, Energie zu sparen, die an anderer Stelle eingesetzt werden kann.
Vom Pfad zur Autobahn
Neu erworbene Handlungen werden zunächst durch das Frontalhirn kontrolliert. Dieser Bereich des Gehirns ist für die bewusste Wahrnehmung und Integration von Informationen zuständig. Wird eine Handlung wiederholt, entsteht ein neuronaler Pfad. Wiederkehrende Abläufe werden in den tieferliegenden Basalganglien gespeichert. Zur Festigung des Verhaltens wird das körpereigene Belohnungssystem aktiviert.
Je öfter eine Handlung durchgeführt wird, desto automatisierter läuft sie ab. So wird aus einem anfänglich schmalen Pfad im Gehirn eine Autobahn. Die Sache hat nur einen Haken: Das Gehirn weiß nicht, welche Handlungen gut für uns sind. Schlechte Angewohnheiten, wie zum Beispiel Rauchen, können nicht einfach wieder gelöscht werden. Fast jeder, der es schon einmal probiert hat, weiß, wie schwer es ist, sich ein Laster abzugewöhnen.
„Wie leicht einem das fällt, hängt von verschiedenen Faktoren ab: von der Art der Gewohnheit, von der Komplexität der Handlung, aber auch von individuellen Eigenschaften“, erklärt Schwabe. Aber wie wird man lästiges Verhalten wieder los? „Indem man bewusst reflektiert“, rät der Psychologe.
Wer beispielsweise weniger Kaffee trinken will, sollte sich überlegen, in welchen Situationen sie oder er Lust auf das Heißgetränk verspürt, und sich darauf vorbereiten, künftig von der Routine abzuweichen. Man könne sich in Ruhe überlegen, welche Alternativen es gibt. Beim Rauchen kommt zur Gewohnheit noch die körperliche Sucht hinzu. „Dabei ist es individuell unterschiedlich, wie gut es jemandem gelingt, sich selbst zu kontrollieren“, so Schwabe.
Wie tief eine Handlung verankert ist, hängt auch davon ab, wie lange und wie oft man sie schon ausgeführt hat. Das Lebensalter hingegen spielt nur eine untergeordnete Rolle. „Schon kleine Kinder können Gewohnheiten ausbilden“, sagt der Wissenschaftler. Das Verhalten kann also in jedem Lebensalter geändert werden.
Veränderung vorbereiten
Wenn man neue Handlungen in sein Leben integrieren will, sollte man ähnlich vorgehen wie beim Abgewöhnen von alten Angewohnheiten: „Überlegen Sie sich so konkret wie möglich, was Sie tun möchten“, empfiehlt Schwabe. „Bereiten Sie alles vor, und informieren Sie Ihr Umfeld von Ihrem Vorhaben.“
Wer zum Beispiel mehr Sport machen möchte, könnte seine Turnschuhe bereitstellen und Familie und Freunden erzählen, dass sie oder er ab jetzt laufen gehen wird. Vielleicht findet sich sogar eine Person, die mitmachen möchte. Das kann mehr Spaß machen und dazu führen, dass man öfter zum Laufen geht. Und das wiederum festigt das gewünschte Verhalten. „Wenn es mir gelingt, eine Handlung regelmäßig durchzuführen, kann ich eine neue Gewohnheit etablieren“, erläutert Schwabe.
Achtsamkeit kann helfen, mit seinen Gewohnheiten besser umzugehen. „Stress und Zeitdruck begünstigen, dass man sich wie gewohnt verhält. Durch die Konzentration auf das Hier und Jetzt kann man dem entgegenwirken“, sagt Schwabe.