Kategorie VdK-Zeitung Pflege

Alltagshelfer auf Rollen

Von: Annette Liebmann

Forscher der TU München haben den Roboterassistenten Garmi entwickelt, der eines Tages die Pflege erleichtern soll

Pflegerobotor Garmi schiebt einen Wagen mit Pflege-Utensilien, um die Pflegefachkraft zu unterstützen.
Garmi schiebt einen Wagen mit Pflege-Utensilien, um die Pflegefachkraft zu unterstützen. © VdK Bayern/Annette Liebmann

Sind Roboter die Zukunft der Altenpflege? Angesichts des Fachkräftemangels und der immer älter werdenden Bevölkerung spielen solche Technologien bei der Lösung dieses Problems eine Rolle. In Garmisch-Partenkirchen tüfteln Forscher der Technischen Universität (TU) München am Roboterassistenten Garmi.

Es dauert einige Minuten, bis sich der 1,60 Meter große Roboter aus weißem Kunststoff in Bewegung setzt. Zuvor muss man ihm den medizinischen Wagen in die Hände drücken und ihn anweisen, damit er diesen schiebt. Dann rollt Garmi ganz leise über den Boden. Wenn er auf Widerstand stößt, stoppt er sofort. Das ist wichtig, damit er niemanden verletzt, wenn er später in Pflegeheimen oder Wohnungen im Einsatz ist.

Nur ein Baustein

Garmi wird nicht selbst pflegen, sondern Pflegekräfte, pflegende Angehörige und Pflegebedürftige unterstützen. „Pflege ist die Arbeit am Menschen und kann nicht durch Maschinen ersetzt werden“, stellt Projektleiterin Dr. Martina Kohlhuber klar. Der humanoide Roboterassistent sei nur ein Baustein, um dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen. „Es geht um den Erhalt der Selbstständigkeit und sozialen Teilhabe von pflegebedürftigen Menschen, um die Entlastung von Pflegenden und zwischenmenschliche Kontakte“, erläutert die wissenschaftliche Mitarbeiterin Simone Nertinger.

In seiner Testwohnung lernt Garmi, sich im Raum zu bewegen und mittels Künstlicher Intelligenz zu kommunizieren. In seinem kugelrunden Kopf befindet sich ein Bildschirm, auf dem er Antworten einblenden kann. Noch wird an den Funktionen seiner Arme gearbeitet: Im Moment können sie kleine Gegenstände greifen und Getränke einschenken. In einigen Jahren soll er Seniorinnen und Senioren im Alltag unterstützen, ihnen zum Beispiel beim Aufstehen helfen, die Post holen und Essen servieren. Mit seiner Hilfe ist es möglich, per Video zu telefonieren, und er hat gelernt, wie man im Ernstfall einen Notruf absetzt. 

Nahaufnahme von Pflegerobotor Garmi. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz beantwortet Garmi Fragen. Er kennt sogar den Sozialverband VdK.
Mithilfe von Künstlicher Intelligenz beantwortet Garmi Fragen. Er kennt sogar den Sozialverband VdK. © VdK Bayern/Annette Liebmann

Insbesondere im Bereich der Telemedizin kann der Roboterassistent eine große Hilfe werden: Möglich sind Blutdruckmessungen, die Erstellung eines EKG oder Ultraschall und vieles mehr. Mittels eines Avatars könnten Mediziner und Therapeuten ihre Patientinnen und Patienten behandeln, ohne selbst vor Ort zu sein. Auch in der Physiotherapie ließe er sich einsetzen und könnte mit den Pflegebedürftigen einfache Übungen zur Mobilisation durchführen.

Bei der Entwicklung von Garmi arbeiten Forschung und Pflege eng zusammen. Geldgeberin ist die Garmisch-Partenkirchener Stiftung Longleif, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Lebensqualität von Seniorinnen und Senioren zu verbessern. Weitere Kooperationspartner sind die TU München sowie der Caritasverband München und Freising. 

Erster Test bestanden

Auf einem Gelände nahe des Bahnhofs Garmisch-Partenkirchen soll ein gemeinsamer Campus entstehen, auf dem geforscht, gelebt und gepflegt wird, auf dem neue Konzepte und Technologien für ein selbstbestimmtes Leben im Alter und menschenwürdige Pflege entwickelt und umgesetzt werden. Technologien wie der Roboterassistent werden im Pflegealltag getestet. Die dadurch gewonnenen Erkenntnisse fließen in die Arbeit mit ein. So wird auch Garmi ständig weiterentwickelt.

Einen ersten Test im Partenkirchener Caritas-Altenheim St. Vinzenz hat Garmi bereits bestanden. „Er hat Getränke gebracht, Blutdruck gemessen und einen Patienten unterstützt, mit seinem Hausarzt zu telefonieren“, berichtet Pflegefachkraft und Projektkoordinator David Bender. Bei den Heimbewohnerinnen und -bewohnern kam der Helfer gut an. „Erst waren sie zurückhaltend, dann interessiert“, erzählt Bender. 

Er kann sich vorstellen, dass Garmi eines Tages das Pflegepersonal entlasten wird. „Die Grundpflege kann er natürlich nicht übernehmen“, sagt er. „Aber es wäre schön, wenn er helfen könnte, die Pflegebedürftigen zu heben.“ Auch die Fenster zu öffnen, die Trinkmengen zu dokumentieren und demenzkranken Personen als Gedächtnisstütze zu dienen, wäre hilfreich.