Angehörigenpflege: kein Lohn für harte Arbeit
Seit mehr als zehn Jahren kümmert sich ein VdK-Mitglied jeden Tag um zwei pflegebedürftige Angehörige. Hinzu kommt großer finanzielle Druck: Das Mitglied lebt vom Bürgergeld und muss jeden Cent umdrehen.
„Normalität gibt es bei uns nicht“, erzählt Eva Kratzer.* „Jeder Tag bringt neue Herausforderungen.“ So auch am Morgen des Interviews: Nachdem sie Frühstück für die beiden Pflegebedürftigen gemacht hatte, hatte einer ihrer Schützlinge einen „Durchhänger“, berichtet sie. „Es hat mehrere Stunden gebraucht, bis ich ihn wieder aufbauen konnte.“ Der geplante Spaziergang fiel aus.
Oft ist der Vormittag gefüllt mit Telefonaten, Behördengängen und Arztterminen, oder sie geht einkaufen. Nach dem Mittagessen, wenn beide versorgt sind, gönnt sich Kratzer manchmal eine einstündige Ruhepause. Nicht immer gelingt ihr das: Weil beide Pflegebedürftige an Diabetes erkrankt sind, achtet sie mithilfe des Handys ständig auf den Blutzuckerspiegel und steht fast jede Nacht auf.
„Meine Arbeit entlastet das Sozialsystem“, betont sie. Doch Lohn dafür bekommt sie nicht – im Gegenteil: Das Bürgergeld reicht nie aus. Kommt eine Stromnachzahlung oder ist eine Autoreparatur nötig, weiß sie nicht mehr, wie sie diese Rechnungen bezahlen soll. Beide Pflegebedürftige leben ebenfalls vom Bürgergeld in einem eigenen Haushalt. Da deren Mietkosten nicht komplett vom Sozialamt übernommen werden, müssen sie einen Großteil des Pflegegelds verwenden, um die Miete und die Lebenshaltungskosten zu stemmen. Für Kratzer bleibt da nichts mehr übrig.
Mehr Wertschätzung für Pflegende
Offiziell sollte die junge Frau dem freien Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und sich regelmäßig bei der Agentur für Arbeit melden. „Aber ich wüsste gar nicht, wie ich das nebenbei schaffen soll“, bekennt sie. Sie wünscht sich, dass die Arbeit von pflegenden Angehörigen besser anerkannt wird: mit einer angemessenen Bezahlung, mit gesellschaftlicher Wertschätzung und mit Erleichterungen, insbesondere im Umgang mit Ämtern, Kranken- und Pflegekassen. Entlastungsleistungen, wie beispielsweise Dienstleistungen im Haushalt, sollten für Pflegebedürftige besser verfügbar sein, findet sie.
„Ich werde behandelt wie jemand, der untätig zu Hause herumsitzt. Dabei habe ich einen Knochenjob“, betont sie. „Wenn man schon anderen hilft, sollte man davon auch leben können.“
*Name von der Redaktion geändert