Barrierefreie Stellplätze werden verdrängt
Mit einem Rollstuhl können Menschen mit Mobilitätseinschränkungen ihren Alltag oft gut bewältigen. Doch selbst wer in einer barrierefreien Wohnung lebt, hat keine Garantie, dass die hauseigenen Stellplätze ebenfalls nutzbar sind.

Am 1. Oktober tritt die Änderung der Bayerischen Bauordnung (Erstes Modernisierungsgesetz Bayern)in Kraft. Damit sollen Bürokratiehürden gesenkt werden, um mehr Schwung in Bautätigkeiten zu bringen. Als Hürden wurden von der Staatsregierung offensichtlich die in vielen bayerischen Städten und Gemeinden geltenden Stellplatzsatzungen betrachtet, die einen verpflichtenden Anteil an barrierefreien Stellplätzen bei Bauvorhaben vorsehen. Das Staatsministerium für Bauen, Wohnen und Verkehr weist ausdrücklich darauf hin, dass solche kommunalen Regelungen nun nicht mehr möglich sind.
Aus Sicht des Sozialverbands VdK ist diese als Teil einer „Entbürokratisierung“ gesehene Maßnahme ein weiterer Rückschritt für die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung in Bayern. Ohne behindertengerechten Parkplatz und ohne barrierefreien Zugang zur Pkwkurz fürPersonenkraftwagen-Stellfläche, die zur Wohnung gehört, nützt mobilitätseingeschränkten Menschen, die ein Auto brauchen, auch die beste barrierefreie Wohnung nichts. Zudem stellt dies einen Widerspruch zu der ebenfalls in der Bauordnung festgelegten Regelung dar, die ab drei Wohnungen in einem Gebäude barrierefreien Wohnraum vorschreibt. Dass künftig nicht mehr zu jeder barrierefreien Wohnung ein ebensolcher Stellplatz gehören soll, ist nicht nachvollziehbar.
Großzügige Vorschrift
Die Neufestlegung unterstützt den allgemeinen Trend, Barrierefreiheit zu vernachlässigen. Zwar legt die Bayerische Bauordnung in Artikel 48 die Verpflichtung zum barrierefreien Bauen grundsätzlich fest, schränkt diese aber deutlich in Absatz 4 ein. Falls nämlich die Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit „unverhältnismäßigen Mehraufwand“ bedeuten würden oder nicht „wirtschaftlich zumutbar“ seien, kann einfach darauf verzichtet werden.
VdK-Landesvorsitzende Verena Bentele fordert: „Diese große Hintertür, die viele Unternehmer nutzen, muss endlich geschlossen werden. Barrierefreiheit muss bei Bauvorhaben in Bayern genauso verpflichtend werden wie Brandschutz. Die Bayerische Bauordnung darf nicht noch weiter verwässert, sondern muss im Gegenteil deutlich verschärft werden.“