Bühne frei
Rund um den Globus gibt es sie: Menschen, die sich für Musicals begeistern. Doch ob der Vorhang im Theater oder im Kinosaal aufgeht, spielt weniger eine Rolle. Hauptsache, es werden spannende Geschichten erzählt.
Ein Film aus dem Hause Disney, der 1994 in den deutschen Kinos anlief, hat Theatergeschichte geschrieben: „Der König der Löwen“ mit den eingängigen Songs von Elton John und Hans Zimmer wurde als Musical adaptiert und läuft in Hamburg bereits seit 20 Jahren.
König der Löwen
Von aufwändigen Kostümen über spektakuläre Stabpuppen, Schattenfiguren und Masken bis hin zum Bühnenbild: Die afrikanische Savanne und ihre tierischen Bewohner aus dem Film „Der König der Löwen“ wurden mit viel Liebe zum Detail für die Bühne inszeniert. Regisseurin Julie Taymor ist die erste Frau in der Geschichte des Broadway, die mit dem „Tony Award“ – dem für die US-amerikanische Theater- und Musical-Szene wichtigsten Preis – für die beste Regie eines Musicals ausgezeichnet wurde.
Die Show im Stage Theater im Hamburger Hafen haben mehr als 14 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer gesehen. Bei acht Aufführungen pro Woche bringt es das Musical seit seiner Premiere auf über 7500 Vorstellungen. Wer weder Film noch Musical kennt, hat bestimmt schon das Zitat „Hakuna Matata“ gehört – der gleichnamige Song von Elton John aus dem Film „Der König der Löwen“ bedeutet: „Es gibt keine Sorgen“.
Mamma Mia
Eine Hochzeit auf einer sonnigen griechischen Insel. Die junge Braut lädt heimlich drei Männer ein, die alle ihr Vater sein könnten, wie ihr das Tagebuch ihrer Mutter verrät. Die Mutter betreibt als etwas chaotische Aussteigerin ein kleines Hotel und hat die Tochter alleine großgezogen. Die Handlung entspinnt sich entlang der Songs der Pop-Gruppe ABBA. Lautes Mitsingen und Tanzen sind garantiert bei „Honey Honey“, „Dancing Queen“ oder eben dem titelgebenden „Mamma Mia“.
Im Film von 2008 wird das schwedische Kulturgut gesungen und getanzt von Stars wie Meryl Streep, Pierce Brosnan, Colin Firth oder Amanda Seyfried. Vor der Verfilmung lief das Musical jahrelang erfolgreich in großen Theatern, insbesondere die Briten waren und sind große Fans. Bis heute ist das Musical ein Publikumsmagnet. Ich persönlich liebe den Film, der mich zuverlässig glücklich macht. Auf DVD hole ich mir jederzeit die griechische Insel nach Hause, auf der die manchmal verworrene Liebe und das Leben gefeiert werden. Wer denn nun der Vater ist? Spielt keine Rolle!
Starlight Express
Rasant Rollschuhlaufen und dazu singen: Zwei Dinge, die ich nie so gut könnte wie die Darstellerinnen und Darsteller in Andrew Lloyd Webbers Musical „Starlight Express“. Seit 40 Jahren tun sie dies in London, und seit 36 Jahren auch in Bochum. In der Geschichte geht es um die Weltmeisterschaft der Züge, von der ein Kind träumt. Die rollstuhlfahrenden Akteure sind die Lokomotiven und Waggons. Held ist Rusty, die Dampflokomotive, die sich mit den modernen Schnellzügen messen muss und damit natürlich der große Außenseiter ist. Geschrieben hat das Stück Richard Stilgoe, und es beruht auf alten Eisenbahngeschichten. Andrew Lloyd Webber hat die Musik komponiert.
Mich hat dieses sportliche Können, verbunden mit Musik und Schauspiel, ins Theater gezogen. Es ist auch keine klassische Bühne, sondern es sind mehrere Bahnen und sogar eine aufsteigende Brücke, auf denen die Lokomotiven ihre Rennen bestreiten und dabei ganz nah an den Zuschauerinnen und Zuschauern vorbeirauschen. In Bochum wurde dafür ein eigenes Theater gebaut. Nach anfänglicher Skepsis, es könnte eine teure Fehlinvestition werden, jagen bis heute Rusty, Killerwatt, Ruhrgold, Volta und die anderen Loks und Waggons durchs „Starlight Express Theater“.
Rocky Horror Picture Show
Ein biederes junges Pärchen flüchtet sich während eines Unwetters in ein Schloss. In den Gemäuern werden Brad und Janet vom außerirdischen Transvestiten und Wissenschaftler Dr. Frank N. Furter und seiner gruseligen Schar empfangen. Willkommen in der „Rocky Horror Picture Show“! 50 Jahre nach Drehstart des Kinofilms begeistert das schrille Grusical immer noch seine Fans. Seit dem 24. Juni 1977 steht der Film jede Woche auf dem Programm der „Museum Lichtspiele“ in München. An der Kinokasse gibt es ein Mitmach-Päckchen. Reis und Klopapier werfen und Wasser spritzen sind ausdrücklich erlaubt. Und niemanden stört es, wenn die Besucherinnen und Besucher in Strapsen und auf Stöckeln kommen, den „Time Warp“ tanzen und lauthals mitsingen. Im Gegenteil.
Ähnlich sieht das Publikum der Theater aus, in denen das Musical läuft, das aus dem Film entstanden ist. Die schrillen Kostüme, das witzige Spiel mit Rollen und Geschlechtern und natürlich die Musik haben bis heute Einfluss auf Theater-, Film- und Musikwelt. Bei aller Überdrehtheit ist das auch ein Bekenntnis für Vielfalt und Toleranz: „Don‘t dream it, be it!“
Jersey Boys
An einem milden Herbstabend im Oktober 2015 erlebte ich mein erstes Musical am Broadway. Das Theaterticket kaufte ich an der Abendkasse am Times Square – jenem berühmten Platz in Manhattan, der allein schon durch die Leuchtreklamen erhellt wird. Ich entschied mich spontan für das mir unbekannte Musical „Jersey Boys“ – und wurde nicht enttäuscht. Als die Vorhänge aufgingen, hieß es: Bühne frei für Frankie Valli und seine Band „The Four Seasons“. Die Show entführt in die 1960er-Jahre und erzählt die Gründungsgeschichte der Rock- und Popband.
Das Musical ist eine klassische „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Story. Vier mittellose und unbekannte, aber sehr talentierte Musiker aus New Jersey schließen sich zusammen – und werden vor allem dank Frontmann Frankie Valli berühmt. Mit mehr als 100 Million verkauften Tonträgern gehören sie zu den erfolgreichsten Bands aller Zeiten. Die vier bekanntesten Songs – „Oh what a night“, „Big girls don’t cry“, „Walk like a man“ und „Can’t take my eyes off you“ – sind Evergreens und seitdem auf meiner Playlist. Musik und Texte für das 2005 uraufgeführte Musical schrieben Ex-Four-Seasons-Mitglied Bob Gaudio und Ex-Produzent Bob Crewe, die dafür mit dem „Tony Award“ für das beste Musical ausgezeichnet wurden. Starregisseur Clint Eastwood setzte den „Four Seasons“ eine Hommage, als er „Jersey Boys“ 2013 für die große Kinoleinwand verfilmte. Prädikat wertvoll.