Eine Frage des Geschlechts
Viele Erkrankungen äußern sich bei Frauen anders als bei Männern. Auch Therapien und Medikamente wirken nicht gleich. Die diesjährige VdK-Landesfrauenkonferenz widmete sich dem Thema Gendermedizin und gerechte Gesundheitsversorgung.

Die Gendermedizin erforscht die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Heilkunde. In der Vergangenheit war man davon ausgegangen, dass die Körper von Frauen ähnlich funktionieren wie die von Männern. Erst in den 1980er-Jahren rückten biologische und soziale Unterschiede zwischen den Geschlechtern und deren Auswirkungen auf Gesundheit und Krankheit in den Vordergrund.
„Gesundheit darf keine Frage des Geschlechts sein“, sagte die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach in ihrer Videobotschaft, mit der die zweitägige Veranstaltung eröffnet wurde. Sie forderte, „Gendermedizin sollte ein fester Bestandteil von Ausbildung, Forschung und Praxis werden“, und bedankte sich beim VdK, dass er sich dieses Themas annimmt.
Der VdK ist weiblich
VdK-Landesgeschäftsführer Michael Pausder betonte in seinem Grußwort, dass der VdK schon immer ein starker Frauenverband war. „Mehr als die Hälfte unserer Mitglieder sind Frauen“, stellte er fest. Noch deutlicher wird es, wenn man die Beschäftigtenstruktur betrachtet: 777 der 915 Beschäftigten sind weiblich, und auch die Führungspositionen im Landesverband sind mehrheitlich weiblich besetzt. Das gilt auch fürs Ehrenamt: „Über 53 Prozent sind Frauen“, fügte Pausder hinzu.
VdK-Landesvorsitzende Verena Bentele ging in ihrer Eröffnungsrede auf die Hintergründe der Gendermedizin ein und erläuterte die Problematik anhand von Herzerkrankungen, die sich bei weiblichen Betroffenen anders bemerkbar machen. „Frauen leiden unter dem männlichen Patientenmuster“, bekräftigte sie.
Eine geschlechtersensible Medizin bedeutet aber nicht nur, dass die biologischen Unterschiede in den Blick genommen werden, sondern auch andere Faktoren, wie Alter, Bildungszugang und Beruf. „Damit hat die Gendermedizin einen umfassenderen und individuelleren Blickwinkel“, so Bentele. Das könne zu einer zielgerichteteren und besseren gesundheitlichen Versorgung führen und im Gesundheitssystem Kosten und Ressourcen einsparen.
Lena Mahnke vom Gesundheitsreferat der Stadt München gab einen umfassenden Einblick in die biologischen und sozialen Unterschiede zwischen den Geschlechtern und wies darauf hin, dass es auch in der Medizin große Abweichungen gibt. So treten bestimmte Erkrankungen bei Frauen häufiger auf. Das hat zum einen mit hormonellen und genetischen Einflüssen zu tun, zum anderen aber auch mit geschlechtsspezifischem Rollenverhalten. Während Männer Aggressionen eher zulassen, neigen Frauen häufig dazu, Ärger zu verbergen und gegen sich zu richten, beispielsweise in Form von einer Essstörung.

Yvonne Knobloch, Leiterin des Ressorts „Leben im Alter“ beim VdK Bayern, und Sonja Rösch, Sozialrechtsberaterin in der VdK-Bezirksgeschäftsstelle Schwaben, klärten die rund 90 Teilnehmerinnen über ihre Rechte als Patientinnen und als Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung auf. Während ärztliche Behandlungen in Deutschland im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt sind und unter das Privatrecht fallen, ist die Hauptrechtsgrundlage bei Krankenkassen das Sozialgesetzbuch V. Der VdK kann seine Mitglieder nur in Fragen rund um die Krankenversicherung unterstützen.
Frauen stärker belastet
Katrin Gutgesell, Bereichsleiterin im FrauenTherapieZentrum München, informierte über frauenspezifische Aspekte psychischer Gesundheit und Krankheit. Generell leisten Frauen mehr Unterstützung, als sie selbst empfangen, sei es bei der Kindererziehung oder bei der Angehörigenpflege. Sie sind häufiger alleinerziehend und arbeiten in schlechter bezahlten Berufen. Hinzu kommen besondere Lebensereignisse wie die Geburt eines Kindes oder die Menopause, die sehr belastend sein können, sowie ein höheres Risiko, von Gewalt betroffen zu sein. Das schlägt sich auch in der Gesundheit nieder: Frauen suchen eher Hilfe, wenn sie sich krank fühlen, und sind im Vergleich zu Männern von vielen psychischen Erkrankungen häufiger betroffen.

Abschließend verabschiedeten die Frauen eine Resolution, in der sie ein medizinische Versorgung fordern, die allen Menschen aller Geschlechter und Geschlechteridentitäten gerecht wird.
