Kategorie VdK-Zeitung Soziale Gerechtigkeit

VdK Bayern mahnt Bayern zur Vernunft bei der Krankenhausreform

Von: Dr. Bettina Schubarth

Auf seiner Sommerpressekonferenz Ende Juli in München hat der VdK Bayern vor den großen Ferien sozialpolitische Bilanz gezogen. 

Auf dem Foto sieht man (von links): Pressesprecherin Dr. Bettina Schubarth, VdK-Landesvorsitzende und VdK-Präsidentin Verena Bentele sowie VdK-Landesgeschäftsführer Michael Pausder auf der Sommerpressekonferenz des VdK Bayern in München.
Sommerpressekonferenz in München (von links): Pressesprecherin Dr. Bettina Schubarth, VdK-Landesvorsitzende und VdK-Präsidentin Verena Bentele sowie VdK-Landesgeschäftsführer Michael Pausder. © VdK Bayern/Mirko Besch

„Bayern hat den Anspruch, ein soziales Bundesland zu sein. Leider verliert sich die Staatsregierung oft in einer grundsätzlich oppositionellen Haltung zur Bundesregierung, gepaart mit einer Neigung, den Erfolg im Populismus zu suchen“, sagte Verena Bentele. Notwendige strukturelle Veränderungen in der Krankenhauslandschaft Bayerns würden so  blockiert und die Versorgungssicherheit gefährdet. 

Die meisten Bundesländer sind längst in konkretere Planungen für die Umgestaltung gegangen, etwa Nordrhein-Westfalen. Bayern wartet immer noch ab. „Der kalte Strukturwandel könnte hier schnell Fakten schaffen“, warnte Bentele. 80 Prozent der bayerischen Kliniken rechnen 2024 mit roten Zahlen. Schließungen, Verkäufe an private Träger oder Fusionen finden längst statt. 

Viele kleine Kliniken

Bayern ist von kleinen Krankenhäusern geprägt. 144 der insgesamt 351 Häuser haben weniger als 100 Betten. „Im Süden des Freistaats stehen zudem erheblich mehr Kliniken als im Norden. So gibt es trotz eigentlich insgesamt ausreichender Zahl an Klinikbetten tatsächlich unterversorgte Regionen in Bayern“, so Bentele. 

Sie kritisierte die Staatsregierung für die Anhebung des Krankenhausförderetats von 643 auf 800 Millionen Euro in dieser politischen Phase: „Das sind Steuergelder, die in Bauvorhaben einzelner Kliniken fließen, die den notwendigen Umstrukturierungen durch die Krankenhausreform möglicherweise nicht standhalten werden. Das ist Verschwendung.“ 

Der VdK spricht sich nicht pauschal für Klinikschließungen aus, betonte Bentele, sondern für eine sachliche Bestandsaufnahme: „Einziger Gradmesser für uns ist, was für Patientinnen und Patienten gut ist. Sie haben ein Recht auf eine zukunftsfähige und qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung. Das in Bayern gerade praktizierte ‚Einfach weiter so‘ wird den Menschen auf Dauer schaden.“ 

Die Ängste in der Bevölkerung über den Wegfall einer zuverlässigen Notfallversorgung müsse man jedoch ernst nehmen: „Wir fordern, die geplanten integrierten Notfallzentren, bestehend aus der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung und einer zentralen Ersteinschätzungsstelle, flächendeckend zu installieren und dafür die Chancen der Telemedizin, aber auch einer erweiterten Luftrettung zu nutzen.“

VdK gegen Rechts

Landesgeschäftsführer Michael Pausder hob in seinem Statement den Einsatz des VdK Bayern gegen Rechtsextremismus hervor. Im Januar und Februar 2024 waren VdK-Kreis- und -Ortsverbände an rund 60 Protestveranstaltungen gegen das Erstarken rechtsextremer Kräfte beteiligt. In bayernweiten Bündnissen setzt der VdK ein klares Zeichen für Demokratie und Solidarität. Pausder stellte klar: „Wir können jederzeit unser Potenzial von über 800 000 Mitgliedern aktivieren, falls der rechte Wind wieder stärker bläst. Der Schrecken von Krieg und Diktatur in Deutschland hat gerade uns als ehemalige Kriegsopferorganisation gelehrt, dass wir unsere Werte verteidigen müssen.“ Deshalb gelte der Grundsatz: „Wer in der AfD aktiv ist, darf keine Funktion im VdK ausüben.“

Beratungszahlen steigen

Der VdK Bayern erfährt große Wertschätzung. Im Schnitt werden täglich 200 Menschen VdK-Mitglied, mehr als 816 000 Mitglieder zählt der Verband aktuell. Mit den Mitgliederzahlen steigen die Beratungszahlen in den VdK-Geschäftsstellen: Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023 hat die Zahl bearbeiteter Klagen um 22 Prozent, die der Widersprüche um 14 Prozent und die der Berufungen und Anträge um jeweils sechs Prozent zugenommen. Pro Arbeitstag werden 1500 Mitglieder beraten, und 450 Anträge, 150 Widersprüche und 45 Klagen bearbeitet.

Im Vergleich zum Vorjahreshalbjahr haben sich die Beratungen und Verfahren zur Pflegeversicherung fast verdoppelt, insbesondere wenn es um die Einstufung in Pflegegrade geht. „Wir hatten einige Extremfälle, in denen aus 0 Punkten Pflegegrad 3 oder 4, in einem Fall sogar 5 wurde. Betroffen sind leider vor allem alte Menschen, die sehr lange auf die ihnen zustehenden Leistungen warten müssen“, kritisierte Pausder.