Kategorie VdK-Zeitung Erfolgsgeschichte Pflege

Von Null auf Pflegegrad 5

Von: Annette Liebmann

Nicht immer stuft der Medizinische Dienst Menschen, die einen Pflegegrad beantragen, richtig ein. So erging es einem VdK-Mitglied, das von Pflegegrad 2 heruntergestuft worden war. Mithilfe des VdK erhielt die Schwerstkranke Pflegegrad 5.

Sailer,* Geburtsjahrgang 1973, leidet seit 30 Jahren an Narkolepsie, einer neurologischen Erkrankung, bei der mitten am Tag plötzliche Schlafattacken auftreten und zu gefährlichen Situationen führen können. Zusätzlich hat sie die chronische Lungenkrankheit COPD und muss Sauerstoffgeräte benutzen. Außerdem hat sie Depressionen. 

Dennoch lebte sie bis Dezember 2023 allein in einer Wohnung im zweiten Stock. „Das Treppensteigen war schon eine Herausforderung, denn sie musste nach zwei bis drei Stufen eine längere Pause einlegen, um weitergehen zu können“, berichtete ihr Sohn Thomas Sailer*. 

Er schaute regelmäßig nach seiner Mutter. Mitte Dezember fand er sie hilflos am Boden liegend auf und rief den Notarzt. Die 51-Jährige wurde sofort ins Krankenhaus Zwiesel eingeliefert und dort behandelt. Kurz vor Weihnachten wurde sie wieder entlassen. Da sie eine regelmäßige Betreuung benötigte, die der Sohn aufgrund seiner Berufstätigkeit nicht leisten konnte, hatte das Entlassmanagement des Krankenhauses eine Schnelleinstufung in den Pflegegrad 2 veranlasst. 

Pflegegrad abgewiesen

Einige Wochen später begutachtete ein Mitarbeiter des MDkurz fürMedizinischer Dienst Manuela Sailer in ihrer Wohnung. Zwar wies Sohn Thomas auf die vielen Einschränkungen seiner Mutter ausdrücklich hin – unter anderem leidet die 51-Jährige auch an einer schweren Schulterarthrose und kann ihre Hände nur bis Schulterhöhe heben. Tätigkeiten wie Haare waschen oder Auto fahren sind ihr zum Beispiel nicht möglich. Da sie nicht mehr selbstständig leben konnte, hatte Thomas Sailer für die Mutter Hilfen im Haushalt organisiert, die er aus eigener Tasche bezahlte. Doch der MDkurz fürMedizinischer Dienst war der Auffassung, dass Manuela Sailer keine Unterstützung im Alltag braucht, und stufte sie als nicht pflegebedürftig ein. 

In seiner Verzweiflung wandte sich Thomas Sailer an VdK-Pflegeberaterin Katharina Garhammer und schilderte die hoffnungslose Situation. Diese verwies Sailer an die Ombudsstelle des MDkurz fürMedizinischer Dienst, bei der Pflegebedürftige vertraulich Beschwerde einreichen können. Zusätzlich legte VdK-Kreisgeschäftsführer Helmut Plenk Widerspruch gegen die Einstufung ein.

Palliativ versorgt

Ende Januar ging es Manuela Sailer gesundheitlich immer schlechter, und sie musste erneut ins Krankenhaus eingeliefert werden. Dort stellten die Ärzte fest, dass die letzte Stufe von COPD erreicht worden ist. Anfang März wurde sie ins Krankenhaus in Zwiesel eingeliefert. Der Widerspruch gegen den Pflegebescheid war immer noch nicht entschieden. Da Manuela Sailer inzwischen palliativ versorgt werden musste, veranlasste das Entlassmanagement des Krankenhauses eine weitere Schnelleinstufung.

In den kommenden Wochen verschlechterte sich ihr Allgemeinzustand so rapide, dass die Ärzte befürchteten, sie würde bald sterben. Ende März kam sie in ein Hospiz. Noch immer hatte Thomas Sailer keine Antwort vom MDkurz fürMedizinischer Dienst. Erst, als der VdK nachhakte, kam es zu einer neuen, diesmal telefonischen Begutachtung im Hospiz. Mit Erfolg: Rückwirkend wurde ihr Pflegegrad 5 zugesprochen. Leider hatten Mutter und Sohn nicht mehr viel davon. Denn Anfang Juni ist Manuela Sailer gestorben.

Ohne VdK nicht geschafft

„Ohne den VdK mit seinen engagierten und kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, insbesondere Helmut Plenk und Katharina Garhammer, wäre ich kläglich gescheitert“, bekennt Thomas Sailer. „Allein hätte ich den Pflegegrad, der meiner Mutter zugestanden hat, nicht durchsetzen können.“ 

Sailer weist darauf hin, dass ihm VdK-Kreisgeschäftsführer Helmut Plenk bereits frühzeitig geraten hatte, eine Vorsorgevollmacht für seine Mutter zu erstellen, damit er als Betreuer und Bevollmächtigter ihre Angelegenheiten regeln kann, wenn sie nicht mehr dazu in der Lage ist. Auch deshalb konnte er die Pflegeeinstufung für seine Mutter mithilfe des VdK so hartnäckig verfolgen. Dass Thomas Sailer so engagiert für einen höheren Pflegegrad gekämpft hatte, war auch für Plenk etwas Besonderes: „Das ist rekordverdächtig“, sagt er anerkennend.

*Name von der Redaktion geändert

Das Foto zeigt ein älteres Ehepaar beim Spaziergang in einem Park.

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