Kategorie VdK-Zeitung

Gegen die Einsamkeit im Alter

Von: Annette Liebmann

Die Telefon-Engel des Vereins Retla ermutigen ältere Menschen, am Leben teilzuhaben

Viele ältere Menschen sind einsam und freuen sich, wenn sie jemanden zum Reden haben.

Viele ältere Menschen haben nur wenig soziale Kontakte. Um sie aus ihrer Isolation zu holen, hat der Münchner Verein Retla die Aktion „Telefon-Engel“ ins Leben gerufen. Die ehrenamtlichen Telefonpatinnen und -paten rufen regelmäßig bei einsamen Menschen an.

„Die Gespräche, die ich mit meinem ,Engel‘ führe, sind für mich wie eine Portion Sonnenschein.“ Sätze wie diese hören die Telefon-Engel immer wieder. Sie begleiten die Seniorinnen und Senioren mit Gesprächen oft schon seit mehreren Jahren und ermutigen sie, mal wieder ins Theater zu gehen oder etwas anderes zu unternehmen.

Die Idee zu diesem Projekt hatte Judith Prem. Sie ist Vorstandsmitglied des Vereins Retla (die Umkehrung von „Alter“), der das Leben von älteren Menschen in der Gesellschaft verbessern will. Mit ihrer Familie überlegte sie sich während des ersten Lockdowns zu Beginn der Corona-Pandemie, wie man verhindern kann, dass ältere Menschen zu Hause vereinsamen. Das war die Geburtsstunde der Telefon-Engel. Inzwischen wurden deutschlandweit knapp 2000 Telefon-Patenschaften vermittelt. 

Gute Gespräche

„Die Nachfrage nach einem guten Gespräch ist auch nach der Pandemie ungebrochen“, berichtet Julia Albrecht, bei Retla zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit. „Gerade in der dunkleren Jahreszeit merken wir, dass viel Bedarf vorhanden ist.“ Jeden Monat melden sich etwa 20 Seniorinnen und Senioren neu an. Einige Patenschaften bestehen bereits seit 2020. „Mit der Zeit können sich daraus echte Freundschaften entwickeln“, so Albrecht. 

Das Projekt wurde mehr als zwei Jahre lang vom Lehrstuhl für Sozial- und Organisationspsychologie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt wissenschaftlich begleitet. Es zeigte sich, dass sich die begleiteten Seniorinnen und Senioren weniger einsam fühlen und eine höhere Lebenszufriedenheit haben. „Viele von ihnen sind uns so dankbar, dass sie selbst von einer kleinen Rente noch regelmäßig fünf oder zehn Euro spenden, was uns ganz besonders rührt“, erzählt Albrecht. 

Dass die Engel per Telefon erreichbar sind, ist kein Zufall. Viele ältere Menschen haben kein Internet, erzählt Albrecht. Oftmals seien sie dadurch von wichtigen Informationen abgeschnitten. Dann suchen ihre Telefon-Patinnen und -Paten im Computer beispielsweise nach einem passenden Arzt, lesen den Spielplan des Theaters vor oder suchen nach einer interessanten Ausstellung.

Bevor die deutschlandweit insgesamt 1500 Telefon-Engel ihre Tätigkeit aufnehmen, werden sie geschult und dabei auch auf herausfordernde Situationen vorbereitet. Mit im Team des Vereins Retla ist ein ehrenamtlicher Psychologe, an den sich die Helferinnen und Helfer jederzeit wenden können, wenn Probleme auftauchen. 

Mehrmals im Jahr werden Fortbildungen zu verschiedenen Themen angeboten, beispielsweise zum Thema „Trickbetrug am Telefon“ in Kooperation mit dem Münchner Verein „Blaulicht“. Das Wissen aus diesen Seminaren geben die Telefon-Engel dann an ihre Seniorinnen und Senioren weiter, damit diese informiert sind und entsprechend reagieren können.

Kontakt

Seniorinnen und Senioren ab 60 Jahren können sich bei den Telefon-Engeln unter folgender Nummer anmelden: (089) 189 100 26

Angegeben werden sollten Name, Postleitzahl und Telefonnummer. Danach wird ein passender Telefon-Engel gesucht. Dieser ruft die Seniorin oder den Senior zurück. Wenn sich die beiden gut verstehen, können sie einmal wöchentlich miteinander telefonieren. Passt es nicht, wird ein anderer Telefon-Engel gesucht.

Mehr zum Thema Einsamkeit

News-Karussell
Initiator Michael Spitzenberger (von links) und die Ehrenamtlichen Beate Strobel und Nils-Peter Daetz vor dem Zuhörraum.
Kategorie VdK-Zeitung

Einfach nur zuhören

Ein kleines, grünes Holzhäuschen am Stephansplatz im Glockenbachviertel soll dazu beitragen, dass sich die Menschen in München weniger einsam fühlen. Im Zuhörraum schenken geschulte Ehrenamtliche den Besucherinnen und Besucher Gehör. 

Auf dem Foto sieht man eine 22-jährige Jurastudentin und eine 91-jährige Seniorenstudentin auf einer Parkbank sitzen.
Kategorie VdK-Zeitung

Orte der Begegnung

Auch in der „Weltstadt mit Herz“ gibt es Menschen, die sich einsam fühlen. Um Orte der Begegnung zu schaffen, hat die Stadt München 25 Parkbänke als „Ratschbankerl“ ausgewiesen.