Kategorie VdK-Zeitung Frauen & Pflege Gesundheit

Schritt für Schritt Selbstvertrauen fassen

Von: Anette Liebmann

Die meisten Menschen wünschen sich, im Alter so lange wie möglich zu Hause zu leben. Das gilt insbesondere für Frauen, die psychisch belastet sind. Das Münchner Projekt THEA mobil hilft ihnen dabei.

Zwei Frauen gehen einen gepflasterten Weg entlang. Die Frau links im Bild hat einen Gehstock in der rechten Hand und hat sich mit dem linken Arm bei der Frau rechts neben ihr eingehakt.
Manche Frauen mit psychischen Problemen brauchen Hilfe, um wieder das Haus verlassen zu können. © Imago/photothek

Antonia Rossi* hat zwar einen Migrationshintergrund, lebt aber schon seit vielen Jahren in München. Die 62-Jährige ist psychisch und physisch erkrankt. Unter anderem leidet sie an Depressionen, hat Diabetes, Bluthochdruck und die Lungenerkrankung COPD. Nach einem Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik war es nicht sicher, ob sie in ihre Zweizimmerwohnung zurückkehren kann. Der Sozialdienst der Klinik in München hat sie auf THEA mobil hingewiesen, das von vier Trägern, darunter das FrauenTherapieZentrum (FTZ), angeboten wird.

Jahrelang nur zu Hause

„Bei unserem ersten Treffen war sie sehr aufgeregt“, erzählt Andrea Zorn, Ergotherapeutin beim Projekt THEA mobil. „Sie tat sich schwer, ihren Alltag zu bewältigen, und hatte vor dem Klinikaufenthalt die Wohnung schon seit Jahren nicht mehr verlassen.“ Ebenso lange hatte sie keinen Friseur und keinen Zahnarzt mehr besucht. „Die Einkäufe haben die Kinder oder Enkel übernommen, und der Hausarzt kam zu Antonia Rossi nach Hause“, berichtet Zorn.

Das Projekt THEA mobil unterstützt Münchner Frauen ab 60 Jahren, ihren Alltag wieder selbstständig zu bewältigen. Die speziell ausgebildeten Ergotherapeutinnen kommen zu den Betroffenen nach Hause und erarbeiten mit ihnen Strategien, wie sie bestimmte Aktivitäten (wieder) durchführen können. Dafür wurde das FTZ 2018 mit dem „Münchner Gesundheitspreis“ ausgezeichnet.

Die Ergotherapie wird von den Krankenkassen finanziert. Um Klientin von THEA mobil zu werden, müssen die Hausärztin oder der Hausarzt sowie Fachärzte wie Neurologen und Psychiater den Bedarf für einen Hausbesuch feststellen und eine Heilmittelverordnung ausstellen. Mit dieser können sich Hilfesuchende telefonisch an das FTZ wenden und einen Termin vereinbaren. Das Projekt wird von der Stadt München unterstützt. „Das ermöglicht es, uns individuell um die Klientinnen zu kümmern und ein Helfernetzwerk aufzubauen“, erklärt Zorn.

THEA mobil bietet Unterstützung in vielen Bereichen des täglichen Lebens an, beispielsweise um mit den Mitmenschen in Kontakt zu bleiben, besser mit Stress- und Problemsituationen umzugehen oder Angststörungen und Panikattacken zu bewältigen. Zum Angebot gehört zudem das Aufzeigen von Hilfsmitteln für tägliche Verrichtungen und deren Gebrauch sowie die Verbesserung des Wohnumfelds, um die Selbstständigkeit der Klientin zu fördern und gegebenenfalls die häusliche Pflege zu erleichtern. 

„Der freie Wille unserer Klientinnen steht im Mittelpunkt unserer Arbeit“, betont Zorn. „Wir konzentrieren uns nicht auf das, was in der Vergangenheit passiert ist, sondern schauen nach vorn und erarbeiten mit der betroffenen Person Ziele, die sie gerne erreichen möchte.“ 

Angst zu stürzen

Antonia Rossi wünschte sich, künftig besser auf ihre Gesundheit zu achten, den Tag sinnvoll zu strukturieren und im Alltag selbstständiger zu werden. Umgesetzt in konkrete Handlungen bedeutete dies, die Wohnung einmal in der Woche zu verlassen, um etwas zu erledigen, wie beispielsweise auf die Bank zu gehen oder einen Kaffee zu trinken. Andrea Zorn begleitete sie dabei.

„Oft ist große Angst dabei, zum Beispiel davor, zu stürzen“, sagt Zorn. Wichtig sei, schrittweise vorzugehen. Anfangs war es schon ein Erfolg, wenn ihre Klientin es schaffte, die Treppen zu steigen oder den Briefkasten zu leeren. Nach mehreren Wochen wagte sich Antonia Rossi wieder auf die Straße. „An diesem Tag hatte sie Tränen in den Augen“, erzählt die Therapeutin. 

*Name von der Redaktion geändert

Kontakt

THEA mobil
Nadine Matthes
Montag bis Freitag von 9 bis 13 Uhr unter Telefon (089) 8905 554-0, Fax (089) 8905 554-20 sowie E-Mail Externer Link:ergotherapie@ftz-muenchen.de

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